Der erste Mono - und der erste Stereo-Röhren-Verstärker - alle mit der EL 95


Vorab aber hierzu noch eine kurze (diesesmal aber wirklich kurze) Einleitung, in welchem ich aufzeigen will aus welchen Komponenten ein Röhrenverstärker besteht und was die Aufgabe der einzelnen Komponenten ist.

Eine Verstärkeranlage besteht grundsätzlich aus

- Netzteil (Stromversorgung),
- Vorverstärker,
- Endverstärker,
- Lautsprecher.

Wofür ein Netzteil benötigt wird, dürfte wohl jedem klar sein - na klar, zur Stromversorgung ..

Der Vorverstärker hat die Aufgabe, das schwach ankommende Eingangssignal aufzubereiten - und gegebenenfalls - bei dem dynamischen Magnetsystem einen Plattenspielers - eine Entzerrung vorzunehmen. Bereits in dieser ersten Stufe wird das spätere Klangbild der Verstärkeranlage sehr beeinflußt !
Heutzutage macht man sich über einen Vorverstärker wenig Gedanken. Mit einer Handvoll Bauteile (IC's, Widerstände, Kondensatoren) läßt sich so ein Vorverstärker schnell aufbauen. - Daß man aber von einem solchen Vorverstärker nicht allzuviel erwarten darf versteht sich von selbst.

Der Endverstärker (die Endstufe) nun hat die "undankbare" Aufgabe, das vorverstärkte Signal entsprechend der gewünschten Leistung anzuheben und diese Leistung möglichst stabil den Lautsprechern zur Verfügung zu stellen. Das und nichts weiter.
Die qualitativ hochwertige Endstufe ist hierbei mindestens dreigeteilt aufgebaut : Eingangs- oder Treiberstufe, Phasenumkehrstufe und schließlich die Leistungsstufe.

Der Lautsprecher muß nun die elektrische Leistung des Endverstärkers in Schall umwandeln. - Da jede Wandlung auch immer zu einem gewissen Teil fehlerbehaftet ist, stellt somit der Lautsprecher auch meist das schwächste Glied der Verstärkeranlage dar.
- Geiz oder falsch dimensionierte Lautsprecher werden durch Klangeinbußen bestraft (Wechselwirkung zwischen Endstufe und Lautsprecher, die bei modernen Halbleitern wesentlich stärker zum Tragen kommt als bei Röhrengeräten !).

Bevor ich aber zu den hochwertigen HiFi-Stereo-Röhrenverstärkern komme, die sogar in den sogenannten "High-End- Breich" hineinpassen würden, will ich doch zunächst einen einfachen Mono-Verstärker - der, baut man ihn mit seinen Komponenten gleich zweifach auf, durchaus zu einem Stereo-Verstärker mutieren kann.

Nun also zum nächsten Abschnitt, dem Verstärker höchstpersönlich..

Beginnen wir zuerst mit dem Bau (auch wenn er nur theoretisch vollzogen wird) eines kleinen 3,5-Watt-Verstärkers, der eine genügende Lautstärke bringt - er bringt sogar soviel Leistung bringt daß die alte "Oma Krüger" (im Mietshaus) unten aus ihrem Sessel fällt - und dabei bringt dieser kleine Verstärker trotzdem noch einen guten Klang !

Zunächst einmal die Schaltung des "Kleinen" :


Hinweis: Im Forum wurden diese Infos zu dieser Schaltung geschrieben:
Der Rk ist mit 150 Ohm zu klein, er sollte zwischen 220 Ohm (Ua = 200 V) und 330 Ohm (Ua = 250 V) liegen. Der Ra des AÜ zwischen 8k und 10k.


- Einfachster Aufbau, nur die allernotwendigsten Bauteile werden für diesen Verstärker benötigt - was aber allerdings auch bedeutet, daß keinerlei negative Beeinflussengen auftreten können.
Auf eine Klangregelung wurde hier verzichtet - in den noch weiter nachfolgenden Schaltungen lassen sich aber sehr leicht das wie und wo der hinzuschaltung eines Klangfilters erkennen.
Aufgebaut ist das Netzteil des Verstärkers mit einer Gleichrichterröhre, die in der angegebenen Dimensionierung stark genug ist für einen zweiten Verstärker, um daraus eine Stereoverstärker aufzubauen. - Man kann aber, da bei der Verwendung einer Gleichrichterröhre ein aufwändiger Transformator mit zwei 250-Volt-Wicklungen verwendet werden muß, auch ohne weiteres einen Brückengleichrichter (Selen oder Silizium) verwenden. Durch diese Maßnahme kann ein einfacherer Transformator verwendet werden. - Nur : eine Gleichrichterröhre - das macht schon optisch was her.. - und sie klingt tatsächlich besser als ein Selen- oder Siliziumgleichrichter, dieser erzeugt sogenannte Peaks, das sind Spannungsspitzen. - Dazu kommt noch daß bei einer Musikdarbietung, die eine hohe Dynamik besitzt, sehr oft ein plötzlicher erhöhter Strombedarf auftritt - dieses aber nur von einer Gleichrichterröhre aufgefangen werden kann. Ein Silizium- oder Selengleichrichter muß hier kläglichst versagen. - Die Folge : Verzerrungen ..

Nach dem Eingang, der mit der hier angegebenen Triode empfindlich genug für den Anschluß eine Tuners, Tonbandgerätes oder eines Plattenspielers mit Kristalltonabnehmer ist, erkennt man die erste Verstärkungsstufe, aufgebaut mit einer EC 92.
Ein wichtiger Schaltungsschritt, der einen "... nur ein Verstärker" zu einem guten Verstärker macht ist die Gegenkopplung, wie sie im Schaltbild erkennbar ist. Hier wurde ein Teil des Signales von der Sekundärwicklung des Ausgangsübertragers über einen Widerstand (6,8kOhm) zur Kathode der Eingangsstufenröhre zurückgeführt. - Deshalb, damit dieser Schaltungstrick auch verstanden wird, noch einmal ein kleines bißchen Theorie.

Wird in einem Verstärker ein Teil der Ausgangsspannung auf den Eingang zurückgeführt, dann verändern sich seine Eigenschaften. Ist die rückgekoppelte Spannung der Eingangsspannung phasengleich, spricht der Techniker von Mitkopplung. - Sie erhöht die Verstärkung, läßt aber auch die Verzerrungen wachsen.
In der NF-Technik ist die Gegenkopplung wichtiger. Die rückgeführte Spannung ist hier gegenüber der Eingansspannung um 180 Grad Phasenverschoben. - Damit wirkt sie der Eingangsspannung entgegen und verringert zwar etwas die Verstärkerleistung, setzt aber auch die Verzerrungen deutlich herab.
Der bekannteste Vorteil der Gegenkopplung ist, daß sie die nichtlinearen Verzerrungen vermindert. Erst die Gegenkopplung ermöglicht es, in Röhrenschaltungen die Verzerrungen weit unter die Wahrnehmungsschwelle zu drücken.
- Aber auch die linearen Verzerrungen werden in gleichem Maß verringert, damit steigt die Übertragungsbandbreite. Allerdings müssen die phasendrehenden Eigenschaften der gegengekoppelten Stufen bei der Entwicklung der Gegenkopplungsschaltung berücksichtigt und so gut wie möglich kompensiert werden, um Mitkopplungserscheinungen an den Übertragungsgrenzen zu verhindern.
Durch Gegenkopplung werden auch die dynamischen Eigenschaften der Röhren weitgehend verändert. Die neuen dynamischen Werte aber sind ganz erheblich stabiler gegenüber Schwankungen der Betriebsspannung und Schwankungen in der Umgebung - wie das Raumklima, etc. - Auch Alterungserscheinungen beeinflussen die Kennwerte der Endstufen-Röhre(n) sehr viel weniger.

Wird der soeben vorgestellte kleine Verstärker zu einem Stereo-Verstärker ausgebaut, sollte allerdings eine ECC 81 benutzt werden. Deren zweites System wird dann für den zweiten Verstärker verwendet.

Um Ausgangsübertrager zu berechnen hatte ich bereits vor einiger Zeit auf meiner Homepage eine Seite "Transformatoren und Drosseln - Selbstgewickelt" eingerichtet. Hier wird zur Berechnung des Ausgangstrafos eine Excel-Tabelle verwendet.
- Der, der sich noch unsicher ist bei der Verwendung dieser Tabelle, hier als "Muster", zum Vergleich, die Werte die ich für diesen Verstärker errechnen ließ :

Röhrenbezeichnung



EL95

Anodenspannung in Volt:



250

Anodenstrom in mA:



25

Sprechleistung in Watt:



3

Außenwiderstand in KOhm:



8

Lautsprecherimped.in Ohm:



5

Untere Frequenz in Hz:



50


Eisenquerschnitt:

QFe=

4,90

cm²

Gewählter E-Quers.

QFe=

4,80

cm²

Luftspaltlänge:

d=

0,88

mm

da beim EI Kern der Luftspalt







2 mal auftritt ist zu nehmen:

d=

0,4

mm

Primärinduktivität:

L=

33,1

H

Primärwindungen:



7000

Wdg

Übersetzungsverhältnis:

ü

44,72



Sekundärwindungen



194

Wdg

Anodenwechselstrom:

Ia

17

mA

primärer Gesamtstrom:

Iges

42

mA

primär Drahtstärke:

dp

0,14

mm

sekundäre Stromstärke:

Is

0,77

A

sekundäre Drahtstärke:

ds

0,60

mm


Kleiner Tip beim Einsatz der Tabelle : Hat man alle Eingaben im oberen Tabellenteil getätigt, wird automatisch im unteren Teil in der Zeile "Eisenquerschnitt" der benötigte Mindestwert eingetragen. In der direkt darunterfolgenden Zeile "Gewählter E-Quers." muß von Hand der ausgewählte Wert eingetragen werden, sonst tut sich gar nichts.. ! Meistens ist dieser Wert dann etwas höher als der darüber stehende, berechnete Wert. In der Excel-Tabelle (nicht hier) - oben links - sind die Paketgrößen angegeben. Bei dem hier für diesen Verstärker errechneten Querschnitts-Wert von 4,90 cm² wäre eine Kerngröße von EI 66 zu klein, dieser endet bereits bei einer Größe von 4,80 cm² - aber die nächstfolgende Größe wäre ein EI 78 bei 6,8 cm². Dieser Größensprung ist mir zu groß.. - ich würde hier den nächstkleineren, eben den EI 66 verwenden, mit den in der unteren Tabelle angegeben, berechneten Daten für die Anzahl der Primär- und Sekundär-Windungen bei der angegebenen Drahtstärke. Es bedeutet aber auf jeden Fall ein gewisses Risiko - es könnte sein, daß man mit dem vorhandenen Platz für die Wicklungen nicht mehr hinkommt...
- Welche Bedeutung der Luftspalt hat kann man dort, in dieser Excel-Tabelle auf meiner Trafowickel-Seite, auch leicht nachlesen.

Im folgenden Schaltbild zeige ich die Schaltung eines Stereo-Verstärkers mit 2 x EL 95, wie er in einigen größeren Grundig-Rundfunkgeräten typischerweise eingebaut wurde.


(Quelle: Fritz Kühne und Karl Tetzner, Kleines Stereo-Praktikum, RPB 97/98, 2. Auflage, 1964, Franzis-Verlag, München)


Auf die Hineineichnung des Netzteiles kann ich hier verzichten - es kann das gleiche Netzteil aufgebaut werden wie er schon für den vorigen Verstärker verwendet wurde.
Auch die Ausgangsübertrager sind die gleichen - sogar der für den mittleren, gemeinsamen Tieftonlautsprecher.
Um die Werte für den Netztransformator zu berechnen muß für den Stereo-Verstärker natürlich der doppelte Wert eingesetzt werden wie für den Mono-Verstärker.
Man muß als Leistungswert für die Anodenspannung etwa 30-40 mA annehmen - bei der Stereoversion reichen aber durchaus 50 mA aus. - Wieviel Stromaufnahme für die Röhrenheizungen einberechnet werden muß ergibt sich aus der Anzahl der verwendeten Röhren - deren Stromaufnahme kann aus jedem Röhrenhandbuch entnommen werden.

Im hier letzten Teil stelle ich eine Gegentakt-Endstufe mit zwei EL 95 vor. Es ist die komplette Endstufe - aber ohne Phasenumkehrung, ohne Vorstufe. Die Berechnung des Ausgangstrafos kann man leicht anhand der Röhrenhandbuch-Daten erkennen - hier wären es ca. 7 Watt Ausgangsleistung, bei einem Widerstand von 2 x 10 kOhm. - Mit dem Trimmpotie werden die Röhren symmetrisch eingestellt - man mißt an den beiden Kathoden, bei beiden muß der gleiche Wert eingestellt werden.


Im nächsten (und letzten) Schaltbild erkennt man die Phasen-Umkehrstufe mit einer ECC 83.


Die beiden 47 nF-Kondensatoren, im Bild oben rechts, entfallen, weil an der Endstufe ja bereits zwei 68 nF-Kondensatoren eingezeichnet sind. Am Eingang, links im Bild, wird dann der Klangregel-Vorverstärker - oder auch nur die einfache Klangregelung - wie ich sie im Artikel Vorverstärker bereits schon beschrieben habe (ich habe diesen Teil, diese Gegentakt-Endstufe, erst etwas später eingefügt ..).

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