SRPP - RÖHREN-VORVERSTÄRKER

Die folgende Baubeschreibung stammen aus dem Elektor - Heften Februar / März 1987. Author dieser Baubeschreibung: J.P. Güls.
Mit ausdrücklicher freundlicher Genehmung vom Elektor-Verlag GmbH, Aachen (www.elektor.de)


Alles war schon einmal da. Diese Erkenntnis aus der Modewelt gilt eigentlich nicht in der Welt der Mikrochips und immer besseren Halbleiter. Da scheinen Schaltungen mit Röhren doch reichlich anachronistisch. Doch Musiker und High-End-Freaks schwören immer mehr auf handfeste Elektronik und speziellen Sound von und mit Röhren. Also heizen wir die Röhren wieder an.

Diesem Röhrenvorverstärker liegt eine in Europa und den USA nahezu unbekannt gebliebene Schaltung zugrunde: das SRPP- (= Shunt Regulated Push Pull) Prinzip. In der HF-Technik schon länger bekannt, wendete der Japaner Anzai gegen Ende der sechziger Jahre dieses Schaltungskonzept erstmalig in der NF-Technik an. Seitdem sind in Japan etwa 10 Varianten des SRPP-Prinzips vorgestellt und ist der SRPP-Röhrenvorverstärker dort zumindest zu einem Standard geworden. Kommerziell ist dieses Konzept leider nie in größerem Maße genutzt worden, weil die praktische Anwendung des SRPP-Prinzips im NF-Bereich mit dem massiven Einbrechen der Transistortechnik in alle Bereiche der Elektronik zusammenfiel: Röhren waren damals "out"! Außerdem ist das SRPP-Prinzip mit Transistoren oder Operationsverstärkern nicht machbar, weil der Klirrfaktor ohne Gegenkopplung zu groß wäre.


SRPP-Prinzip
Das SRPP-Prinzip unterscheidet sich grundlegend von anderen kommerziell genutzten Schaltungskonzepten für Röhrenvorverstärker. Die Originalität besteht vor allen Dingen in der Gegentaktschaltung der Röhren, wobei diese gleichspannungsmäßig in Serie liegen: Bei einer angenommenen Anodenspannung von 150 V pro Röhre muß die Betriebsspannung also 300 V betragen. Die negative Gittervorspannung wird wie in fast allen Röhrenschaltungen durch den Kathodenwiderstand erzeugt.
Die Signalspannung wird dem Steuergitter der unteren Röhre zugeführt und die am nicht überbrückten Kathodenwiderstand der oberen Röhre abfallende Wechselspannung dient - Anode der unteren und Steuergitter der oberen Röhre sind miteinander verbunden - als gegenphasige Steuerspannung für die obere Röhre, während der Gleichspannungsabfall an R3 die Gittervorspannung dieser Röhre erzeugt (siehe Bild 1).

Bild 1
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Durch diese spezielle Gegentaktschaltung wird der Ausgangswiderstand der Röhre um den Faktor 3 bis 4 herabgesetzt, was die sonst in Röhrenvorverstärkern obligatorischen Kathodenfolgerstufe mit all ihren bekannten negativen Klangbeeinflussungen überflüssig macht.
In seiner Funktionsweise ist das SRPP-Schaltungsprinzip also denkbar einfach. Um so erstaunlicher aber sind deshalb die meßtechnisch erfaßbaren Vorzüge und noch stärker die klanglichen Vorteile dieser Schaltung im Vergleich mit anderen, weit bekannten Röhrenschaltungen:

• Sehr niedriger Klirrfaktor.
• Extrem gute Linearität.
• Hohe Verstärkung.
• Hohe Übersteuerungsreserve.
• Niedrige Ausgangsimpedanz (abhängig vom verwendeten Röhrentyp).

All diese Vorzüge machen es möglich, bei einem nach dem SRPP-Prinzip aufgebauten Vorverstärker, vollkommen auf eine Gegenkopplung zu verzichten - selbst die Kathodenwiderstände der unteren Röhrenhälften sind überbrückt - und dabei den Klirrfaktorwert bei normalen Ausgangspegeln unter 0,1 % zu halten. Im Gegensatz zu anderen Röhrenschaltungen nimmt der Klirrfaktor zu höheren Frequenzen hin ab. Aufgrund der hohen Stufenverstärkung sowie der sehr hohen Übersteuerungsreserve bietet sich somit auch der Einsatz eines passiven RIAA-Entzerrernetzwerks mit all seinen bekannten Vorteilen gegenüber der gebräuchlichen aktiven Entzerrung geradezu an.
Die Schaltung
Der Röhrenvorverstärker ist dreistufig aufgebaut; die beiden ersten Verstärkerstufen mit dem zwischen Stufe 1 und 2 liegenden passiven RIAA-Entzerrernetzwerk bilden den Phono-Vorverstärker, der eine Gesamtverstärkung von ca. 44 dB hat.
Das NF-Signal gelangt dann auf die Signalumschaltung (siehe Bild 4) und anschließend auf den Balance- und Lautstärkesteller.
Bild 2a und 2b
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Auf ein Klangregelnetzwerk oder eine andere Beeinflussungsmöglichkeit des Signals von außen wurde verzichtet - so wie auch beim Großteil der angebotenen High-End-Vorverstärker.
Um so größere Sorgfalt wurde aber auf die Lösung des Problems der Lautstärke- und Balanceeinstellung verwendet. In der preiswerten Version kommt als Lautstärkesteller ein Stereopotentiometer des renommierten Herstellers ALPS zum Einsatz, während bei der Luxus-Version die Lautstärke mit einem hochwertigen Stufenschalter mit Metallfilmwiderständen eingestellt wird. Analog dazu ist der Balancesteller in beiden Versionen mit zwei Stufenschaltern mit Metallfilmwiderständen aufgebaut (siehe Bild 2).

Bild 4
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An dieser Stelle kann man auch zwei Potis einsetzen.
Den Potis ist ein einstufiger Line-Verstärker mit einer Stufenverstärkung von ca. 22 dB nachgeschaltet. Den Line-Verstärker kann man eventuell mit einem Wahlschalter überbrücken, was für ausgesprochene Puristen und Besitzer von Endverstärkern mit einer relativ hohen Eingangempfindlichkeit von großem Interesse sein dürfte. Allerdings ist in diesem Fall die Ausgangsimpedanz höher. Bei der von uns im Line-Verstärker eingesetzten
Röhre vom Typ ECC 82 beträgt die Ausgangsimpedanz ca. 2,4 kW. Außerdem muß man auf die richtige Impedanzanpassung zwischen Vor- und Endverstärker achten.
Das Erreichen eines hohen Rauschabstands kann bei Vorverstärkern mit einer passiven RIAA-Entzerrung zuweilen Schwierigkeiten bereiten. Der Einsatz einer hochverstärkenden Röhre in der ersten Verstärkerstufe ist aus diesem Grund unerläßlich.
Nicht zuletzt zur Erzielung eines hohen Rauschabstands ist die Stromversorgung vergleichsweise aufwändig: Sowohl die Anodengleichspannung wie die Heizspannung durchlaufen nach der Gleichrichtung eine elektronische Sieb- und Regelschaltung, wobei im Falle der Anodenspannung wahlweise eine Spannungsstabilisierung eingesetzt werden kann. Die Gleichrichtung der Anodenspannung erfolgt mit einer Spannung erfolgt mittels einer Gleichrichterröhre, was eindeutig klangliche Vorteile gegenüber einer Gleichrichterbrücke bringt, wie überhaupt die aufwendige Netzteilkonzeption einen nicht unbedeutenden Anteil am überaus positiven klanglichen Gesamteindruck hat.
Klangqualität
Ein äußerst wichtiger Punkt ist die Auswahl der verwendeten Bauteile in Bezug auf das Fabrikat. Während mehrmonatiger Hörtests mit einem vielgestaltigem Programmaterial konnten erstaunlich große Klangunterschiede beim Einsatz verschiedener Fabrikate festgestellt werden, und dies betraf sowohl die Röhren als auch - was in diesem Ausmaß nicht zu erwarten war - die Kondensatoren und Widerstände (siehe "Audiokondensatoren", Elektor, Januar 1987).
Was die klanglichen Qualitäten des Röhrenvorverstärkers anbelangt, so kann er sich ohne weiteres mit allen auf dem Markt befindlichen Vorverstärkern messen; viele wird er in dieser Hinsicht sogar übertreffen.
Die Hauptmerkmale der klanglichen Eigenschaften sind dabei:

• Eine außergewöhnliche klangliche Neutralität ohne Bevorzugung bestimmter Frequenzbereiche.
• Eine unübertroffene Dynamik, was insbesondere die Besitzer von CD-Playern freuen wird.
• Eine außergewöhnliche Transparenz.
• Eine sehr gute Bestimmung von Instrumenten.
• Eine einmalige Reproduktionsfähigkeit von Gesang und Perkussionsinstrumenten, die oft den Klangeindruck eines Live-Konzerts vermittelt.

Aufbau
In Bild 3 ist die Platine für den Röhrenvorverstärker in Stereo-Version dargestellt.

Bild 3
Stückliste zu Bild 3:
Stückliste zu Bild 3
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Die Bestückung ist kein Problem, nur werden Ihnen die Hochspannungskondensatoren und die Röhrensockel etwas ungewöhnlich vorkommen. C1 muß man eventuell an den verwendeten Tonabnehmer anpassen. Balance- und Lautstärkesteller werden nach Bild 2 angefertigt (siehe dazu auch "High-End-Poti", Elektor, Dezember 1986).
Für den Lautstärke- und die Balance-Steller kann man auch die in der Stückliste angegebenen Potis einsetzen. Beim Probehören kann der Klang eventuell durch Variation der Kathoden-Widerstände optimiert werden (R3, R8 = 1k1; R13 = 1k4). Die Widerstände R11 und R10 braucht man nur, wenn der Line-Verstärker separat eingesetzt werden soll. Normalerweise liegt also anstelle von R10 (und R10') eine Drahtbrücke.
Die Eingangssignale werden von Relais geschaltet, die zusammen mit den Eingangsbuchsen direkt auf einer Platine untergebracht sind. Die Schaltung des Röhrenverstärkers mit Signalumschaltung ist in Bild 4 dargestellt. Der Entzerrer-Vorverstärker und der Line-Verstärker sind dort als Blöcke skizziert. Links erkennt man die Eingänge, rechts die Ausgänge, dazwischen die Relais.
Da ein CD-Plattenspieler viel mehr Spannung abgibt als beispielsweise ein Kassettenrekorder oder Tuner, muß das CD-Signal mit einem Spannungsteiler abgeschwächt werden (R39/R40). Die übrigen (eigentlich
überflüssigen) Spannungsteiler sind nur zur Verbesserung der Übersprechdämpfung eingefügt worden: unbenutzte Eingänge werden gleichsam über die Widerstände R38, R40, R42, und R44 an Masse gelegt, so daß eine zusätzliche Dämpfung entsteht. Die Relais werden von der Relaissteuerung geschaltet. Dazu verbindet man die Anschlußpunkte 1 bis 10 über einen Stecker (K1) mit der Relaissteuerungs-Platine. - Mehr dazu später.
In Bild 5 auf Seite 51 ist der Bestückungsaufdruck der Busplatine abgebildet. Die Platine ist so ausgelegt, daß man sie direkt mit den CINCH-Anschlußbuchsen verbinden kann. Für ReA bis ReF werden kleine Kartenrelais eingesetzt. Die Qualität dieser Relais ist außerordentlich wichtig, da hier sehr kleine Signale geschaltet werden müssen, die natürlich durch zu hohe Übergangswiderstände gedämpft würden. Siemens und SDS stellen Relais her, die für diese Anwendung unserer Meinung nach am besten geeignet sind. Auch die CINCH-Buchsen dürfen ruhig von sehr guter Qualität sein. Vergoldete Exemplare sind sicher kein überflüssiger Luxus.

Im zweiten Teil der Bauanleitung für einen Röhrenvorverstärker beschreiben wir das Netzteil und die Relaissteuerung. Damit wird der Vorverstärker komplett, und Sie können ihn in ein schmuckes Gehäuse einbauen.
Selbstverständlich brauchen Sie beim Nachbau des Röhrenvorverstärkers nicht allen unseren Empfehlungen folgen. Was Sie auf jeden Fall brauchen, sind die eigentliche Verstärker-Platine (eventuell nur MD oder nur LINE) und ein Netzteil. Die beiden Vorverstärker haben wir im ersten Teil beschrieben, deshalb beginnen wir hier mit dem

Netzteil
Das Netzteil ist für einen Röhrenvorverstärker ziemlich aufwändig ausgefallen. Das kommt zum einen daher, daß wir von vornherein eine Schutzschaltung vorgesehen haben.
Zum anderen aber auch daher, daß die Relaissteuerung versorgt werden muß, und daß der eigentliche Vorverstärker alleine drei Betriebsspannungen benötigt. Außerdem haben wir eine Stabilisierung der Anoden(hoch)spannung vorgesehen, die man nicht weglassen sollte.
Bedingt durch das Schaltungskonzept können sonst Betriebsspannungsschwankungen niederfrequente Störspannungen am Ausgang verursachen.
Zunächst wird die Netzspannung nicht so einfach an die Primärseite des Netztrafos (in Bild 3) gelegt. Schon an dieser Stelle gibt es eine Schutzschaltung mit dem Varistor parallel zu den Netzanschlüssen.
Außerdem sind die Netzschalterkontakte mit Kondensatoren überbrückt, die dafür sorgen, daß über den Kontakten keine allzu großen Spannungsspitzen beim Ausschalten auftreten, die - von der Endstufe verstärkt - ein häßliches Knackgeräusch erzeugen könnten.
Dann der Netztrafo!
Leider geht es hier nicht ohne eine Spezialausführung mit 5 Sekundärspannungen oder entsprechend dimensionierten Einzeltrafos. Dabei müssen die beiden 360-V-Wicklungen unbedingt nach den VDE-Schutzvorschriften ausgeführt sein.
Am einfachsten kann man mit der 6,3-V-Spannung umgehen. Sie wird nämlich nur zur Heizung der Gleichrichterröhre (Doppeldiode) V101 verwendet und mit den entsprechend markierten Anschlüssen auf der Platine verbunden (Bild 1a und, weiter unten, Bild 3a ).
Bild 1a

Wegen der Kapazität zwischen Kathode und Heizfaden der Röhre ist aber damit zu rechnen, daß auch die 6,3-V-Wicklung höheres Gleichspannungspotential führen kann. Daher auch die 6,3-V-Leitungen gut isolieren und nicht berühren.
Komplizierter ist's mit der Hochspannung (Bild 1a). Da wird zunächst die Wechselspannung von einer Doppeldiode in einer Mittelpunktschaltung gleichgerichtet. Über den Relaiskontakt g gelangt diese Wechselspannung an das erste Siebglied mit R127/C129. Darauf folgen zwei weitere Siebglieder mit R128/C130 (dort wird die Anodenspannung für die Röhren im LINE-Verstärker abgenommen) und mit R129/C131 (dort wird die Anodenspannung für die Röhren im MD-Vorverstärker abgenommen).
Anstelle von R128 kann man auch die Hochspannungsstabilisierung mit IC111 einsetzen. Der TL783 ist ein spezieller Hochspannungsregler nach Art des LM317. Die Diode D122 und die Z-Dioden schützen das IC. Außerdem ist der Widerstand R125 zur Strombegrenzung eingesetzt.
Der Spannungsteiler R130/R131 legt das Potential der Heizspannung für die Vorverstärkerröhren auf etwa 90 V. Die Potentialdifferenz zwischen Kathoden und Heizfäden der Röhren kann so auf rund 90 V begrenzt werden. Dieser Wert ist für alle in Frage kommenden Röhren zulässig. Die Vorverstärkerröhren werden mit einem Gleichstrom geheizt. Dazu ist ein eigenes Netzteil mit dem Spannungsregler LM317 (IC110) vorgesehen. Mit P101 kann man die optimale Heizspannung einstellen (etwa 12 V); und die Schaltung mit T101 sorgt dafür, daß die Heizspannung nach dem Einschalten des Röhrenvorverstärkers langsam hochgefahren wird.
Das dritte Netzteil im Röhrenvorverstärker ist mit dem Spannungsregler IC 109 aufgebaut (Bild 1b) und versorgt die Relaisumschaltung und die Relais auf der Signalbus-Platine.

Bild 1b
Stückliste zu Bild 1b:
Stückliste zu Bild 1b

Relaissteuerung
Für die Steuerung der Relais braucht man einige Schaltstufen, die je nach Position des Signalquellenumschalters die betreffenden Relais auf der Busplatine ein- oder ausschalten.
Wir haben übrigens die Relaissteuerung so weit entwickelt, daß beim Umschalten kein Klicken im Lautsprecher zu hören ist.
Die Relaissteuerung hat folgende Aufgaben:

• Nach Einschalten der Betriebsspannung wird das Äusgangsrelais verzögert eingeschaltet.
• Nach Ausschalten der Betriebsspannung wird das Ausgangsrelais sofort ausgeschaltet.
• Beim Umschalten der Eingangssignale und beim Umschalten auf TAPE-MONITOR wird das Ausgangsrelais kurzzeitig ausgeschaltet.

Bild 1b zeigt die vollständige Relaissteuerung. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine komplizierte Schaltung zu handeln. Auf den zweiten Blick ist die Steuerung jedoch recht übersichtlich. Es gibt ein paar wichtige Bauteile: den Komparator IC106, die Monoflops MMV101 und MMV102 und das EXOR-Gatter mit N118 bis N121. In der Mitte unten befinden sich der Signalquellenumschalter S2 und der TAPE-MONITOR-Schalter S1. Rechts oben sieht man die Relais mit Ausnahme des Ausgangsrelais, das ganz unten im Bild zu finden ist.

TUNER/CD/AUX
Die Widerstände R112 bis R115 sorgen dafür, daß die "freien" Kontakte des Signalquellenschalters S2 immer logisch 1 sind. Der Kontakt wird aktiv (logisch 0), wenn der Schalter ihn über den Mittelkontakt an Masse legt. Über die Puffer N105 bis N108 werden die logischen Zustände der Schalterkontakte an die Eingänge A0 bis A3 des Komparators IC 106 weitergegeben. IC106 vergleicht die Information (4 bit) mit dem logischen Zustand der Eingänge B0 bis B3. Mit den Netzwerken R117/C114 bis R120 C117 ist eine Zeitverzögerung eingestellt, so daß die Informationen an den Eingängen A0 bis A3 und B0 bis B3 einige Mikrosekunden lang unterschiedlich sind. Deshalb wird beim Schalten von S2 der Ausgang von IC106 (A = B) einen kurzen Moment lang "0". Mit diesem negativen Impuls werden die Monoflops MMV101 und MMV102 getriggert, die eine Verzögerungszeit von 0,5 und 1 Sekunde haben.
Werden beide Monoflops gleichzeitig getriggert, dann werden sowohl das gewählte Eingangssignal (über N101 bis N104) als auch das LINE-OUT-Relais (über N123 usw.) sofort abgeschaltet. Ist die Verzögerungszeit von Monoflop MMV101 abgelaufen, dann wird das neu gewählte Eingangssignal eingeschaltet. Und nach Ablauf der Verzögerungszeit von MMV102 wird das LINE-OUT-Relais wieder aktiviert.

TAPE-MONITOR
Beim Betätigen von S1 wird mit dem Gatter 109, dem Netzwerk R121/C118 und dem EXOR-Gatter N118 bis N121 ein positiver Impuls erzeugt, der MMV102 triggert. Schaltet man S1 um, dann wird also sofort das LINE-OUT-Relais abgeschaltet. Anschließend schaltet das TAPE-MONITOR-Relais ReE nach einer gewissen Verzögerung (R124-C121) um. Das LINE-OUT-Relais wird nach der Verzögerungszeit von MMV102 wieder eingeschaltet. Dabei werden die Eingangsrelais nicht abgeschaltet, und die Verbindung mit TAPE-OUT wird nicht unterbrochen.

LINE OUT
Das LINE-OUT-Relais kann erst dann das Ausgangssignal des Röhrenvorverstärkers an den Ausgang schalten, wenn das Gatter N123 mit dem Q-Signal von FF101 freigegeben wird.

Verzögerung und Schutz
Mit dem Binärzähler IC112 werden zwei Schaltvorgänge eingeleitet.
Zum einen schaltet der Ausgang Q10 nach etwa 1/2 Minute die Hochspannung über Relais G ein. Zum anderen wird etwa eine halbe Minute später das Gatter N123 mit dem Q-Signal von FF101 freigegeben, so daß das LINE-OUT-Relais F schalten kann.
Der Binärzähler wird von einem internen Oszillator getaktet, dessen Frequenz mit R101 und C110 festgelegt ist.
N125 sorgt für eine Einschaltverzögerung ("power-up") der Relaissteuerung, um IC112, FF101 und FF102 in einen definierten Anfangszustand zu bringen.
Mit N124 ist eine Anschlußmöglichkeit für eine Fehlererkennungsschaltung vorgesehen, die bei zu hohen (Stör-)Pegeln oder Gleichspannung am Ausgang ein Fehlersignal ERR (logisch 0) liefert. Da die Fehlererkennung hier (noch) nicht vorgestellt wird, nur kurz zur Funktion so viel:
Im Fehlerfall öffnet ReF (LINE-OUT), um nachfolgende (End-)Stufen zu schützen. Reset erfolgt mit RSTA (Taster). Betätigt man hingegen RSTB, so wird zusätzlich der oben beschriebene Einschaltzyklus der Hochspannung durchlaufen, bevor das LINE-OUT-Relais F wieder anzieht.

Röhren
Bevor's an den Aufbau geht, möchten wir noch ein paar Worte zu den wichtigsten Bauteilen im Röhrenvorverstärker sagen - den Röhren.
Der richtige High-End-Freak wird sich ein paar Röhrensätze zulegen, um schließlich die Röhren heraushören zu können, die am besten klingen.
Wir haben mit Röhren von Siemens, Telefunken, Valvo, SEL etc. gute Erfahrungen gemacht. Obwohl diese Typen nicht mehr von den genannten Firmen selbst hergestellt werden, scheint die Qualität noch zu stimmen. Röhren amerikanischer Hersteller wie General Electric, RCA und Sylvania sind ebenso geeignet wie die Röhren von Mullard, Mazda RFT und auch Tungsram - aus europäischer Produktion. Die professionellen Typen E81CC, E82CC und E83CC sind wesentlich teurer als ihre "Consumer" -Verwandten, der hohe Preis ist in klanglicher Hinsicht nicht zu rechtfertigen.
Die von uns angegebenen Röhren-Typen wurden nach umfangreichen Hörtests ausgewählt. Grundsätzlich kann man aber jede Doppeltriode nehmen, die die Anschlußbelegung der Typen ECC81/82/83 hat. Allerdings müssen dann eventuell die Kathodenwiderstände und die Anodenspannung geändert werden. Außerdem sind Verstärkung und Ausgangswiderstand des Vorverstärkers natürlich vom Röhrentyp abhängig.
Obwohl die von uns vorgeschlagenen Röhrensockel aus HF-Steatit nicht leicht zu beschaffen sind, wird der High-End-Freak nicht darauf verzichten können. Die Röhren sitzen absolut spielfrei. Da die Röhrenstifte fest gegen die vergoldeten Gabelfedern gedrückt werden, sind die Übergangswiderstände minimal.
Das Material HF-Steatit absorbiert die von der Röhre erzeugte Wärme weitgehend und verhindert damit, daß sich die Platine erwärmt. Vergoldete Kontaktfedern für die Sockel sind bei einem Röhrenverstärker wegen der hohen thermischen und mechanischen Beanspruchung sicher noch wichtiger als vergoldete Cinchbuchsen.
Wer wegen Beschaffungsschwierigkeiten oder aus Kostengründen andere Sockel nimmt, muß unbedingt darauf achten, daß die Röhren fest sitzen.

Aufbau
Bevor die Platine in Bild 2a bestückt wird, sollten Sie entscheiden, ob die Teilplatinen getrennt werden müssen.
Bestücken und überprüfen Sie bitte zuerst die Netzteilplatine.

Bild 2a

Bild 2b
Stückliste zu Bild 2:
Stückliste zu Bild 2

Der gesamte Vorverstärker wird nach Bild 3-1 verdrahtet, so daß Sie schon einmal die Netzleitungen danach legen können.

Bild 3-1

ACHTUNG: Im Hochspannungs-Netzteil besteht bei Berührung Lebensgefahr! Erinnern Sie sich also bitte an die alte Elektriker-Weisheit, (bei Reparaturen und Messungen) immer eine Hand in der Tasche zu behalten.
Auch nach dem Abschalten des Verstärkers stehen an den Kondensatoren - vor allem an den Elkos des Anodenspannungsnetzteils - noch längere Zeit gefährlich hohe Spannungen. Vor Arbeiten am Gerät immer Netzstecker ziehen und überprüfen, ob sich die Elkos (Anodenspannung) bereits ausreichend entladen haben.

Zur Anodenspannung:

Wenn Widerstand R128 eingesetzt wird (unstabilisierte Anodenspannung), braucht man natürlich die Bauteile für die Hochspannungsstabilisierung mit dem TL783 nicht.
Der Spannungsregler IC 110 wird auf zwei Kühlkörpern befestigt, die sozusagen Rücken an Rücken sitzen. Die Kühlkörper haben die gleiche Größe wie der Kühlkörper für IC111.
Sollte C129 nicht mit der erforderlichen Spannungsfestigkeit von 500 V zu bekommen sein, dann kann man stattdessen zwei 100 µF/250-V-Elkos in Reihe schalten. Parallel zu den beiden Elkos werden zwei 470-k/1-W-Widerstände gelötet. Auf der Platine ist für diesen Fall genug Platz vorhanden. Bei Verwendung der Stabilisierung mit IC111 soll die Spannung an C129 zwischen 400 und 450 V betragen. Liegt sie wegen einer zu hohen Trafospannung (Wickeltoleranz) darüber, so ist R127 entsprechend anzupassen (zu erhöhen). Legt man mit R127 die Spannung auf etwa 400 bis 420 V, so kann man für C129 auch einen 450-V-Elko verwenden.
Wer auf die Röhre im Netzteil verzichten möchte, kann stattdessen zwei Dioden vom Typ 1N4007 einsetzen: Katoden an Anschluß 3, Anoden an die Anschlüsse 1 und 7 löten. Wegen des geringeren Spannungsabfalls an den Dioden ist dann in jedem Fall R127 so zu erhöhen, daß die Spannung an C129 unter 450 V bleibt.

Zur Heizspannung:
Wichtig: Mit P101 wird die Heizspannung genau eingestellt: Auf keinen Fall höher als 12,6 V (Nennspannung), eine Verringerung um max. 5 % (auf 12 V) kann sich positiv auf die Lebensdauer auswirken und ist nach Herstellerangaben zulässig.
Ist die Netzplatine bestückt und geprüft, dann kann man die Platine für die Relaisumschaltung bestücken.
IC109 erhält einen nicht zu knapp bemessenen Kühlkörper. Für die Steckverbindung K101 setzt man 2-mal-5-Pfostenfeldstifte ein. Bitte die 16 Drahtbrücken nicht vergessen!
Als Gehäuse eignet sich ein Standard-19-Zoll-Gehäuse mit 3 Höheneinheiten (HE). Darauf muß die in Bild 4 vorgeschlagene Frontplatte abgestimmt werden.


Verdrahtet werden die 3 bis 5 Platinen nach dem Plan in Bild 3. Die Anschlüsse ERR, RSTA und RTSB bleiben zunächst frei. Achten Sie bitte darauf, daß die Bauteile zum Einschaltschutz direkt am Netzschalter befestigt werden.
Die 1-A-Sicherung befindet sich in diesem Plan in einer Gerätesteckdose auf der Rückwand. Als Netzschalter haben wir einen Typ mit eingebauter 12-V-Glühlampe gewählt. Diese Lampe wird mit den Anschlüssen für die Heizung der Röhren verbunden, so daß man beim Einschalten sehr schön das "Hochfahren" der Heizspannung beobachten kann. Auch bei den Verbindungen mit der Heizspannung ist auf sorgfältige Isolation zu achten, da das Potential gegen Masse (über R130) auf 90V gelegt wurde.
Die Anschlüsse für die Hochspannung müssen zu Ihrer Sicherheit mit Isolierschlauch versehen werden.
Außerdem müssen die Bauteile am Netzschalter, die Netzschalter- und die Netzanschlußbuchsen-Kontakte isoliert werden - am besten mit Schrumpfschlauch.



Abschließend noch ein Nachtrag zur Pegeleinstellung, damit sich der Röhrenvorverstärker optimal in Ihre Anlage einreiht:
Sollte wegen der relativ hohen Verstärkung der Line-Stufe von 22 dB der Ausgangspegel zu hoch sein, was sich durch zu geringen Einstellbereich des Lautstärkepotis bemerkbar macht, so können Sie mit den auf der Verstärkerplatine vorgesehenen Widerständen R10 und R11 den Pegel am Eingang des Lineverstärkers entsprechend anpassen. Es gilt: R10 = 100 k, R11 = je kleiner, desto leiser, mit 100 k beginnen.

Bleibt uns nur noch zu wünschen, daß Sie sich jetzt dem nicht alltäglichen Hörvergnügen mit dem Röhrenvorverstärker ungetrübt hingeben können.

Zum Abschluß noch die Platinenzeichnungen.