Moderner Kopfhörer-Verstärker

Dieser kleine Stereo-Kopfhörerverstärker wurde speziell für alle Freunde des Röhrensounds entwickelt. Er ist sehr empfindlich und liefert mehr als ausreichende Leistung für die meisten Kopfhörer-Typen.
Diesen kleinen HiFi-Kopfhörerverstärker kann man in keinem Geschäft kaufen,- man muß ihn selbst aufbauen, damit hat man ein ganz exklusives HiFi-Gerät zu Hause auf das wahrscheinlich mancher neidisch sein wird der sich nicht mit Elektronik-Selbstbau befaßt - oder befassen kann.
Der Verstärker basiert zwar auf einem schon recht »betagten« Schaltplan, der wohl über 40 Jahre alt ist, jedoch wurde er so überarbeitet und modifiziert, daß er die heutigen Ansprüche an HiFi-gerechte Wiedergabe erfüllen kann.
Tatsächlich war der Begriff »HiFi« vor 40 Jahren noch kaum bekannt, es genügte zu dieser Zeit bei einem Verstärker-Projekt, wenn die Bandbreite wenigstens 5000 Hz betrug. - Auch der Klirrfaktor und die sonstigen Verzerrungen waren deutlich höher, da man seinerzeit zum Teil noch Kopfhörer nach dem gleichen Prinzip verwendete wie sie bei Detektorempfängern zum Einsatz kamen - also relativ hochohmige Ausführungen mit bescheidenem Frequenzgang, welche für den Empfang von Mittelwellensendern ausgelegt waren - und auch vollkommen dafür ausreichten.

Heute sind auch die preiswertesten Kopfhörer in der Lage, das gesamte Frequenzband von 20 Hz bis 15.000 Hz wiederzugeben, und die teureren Ausführungen reproduzieren auch ganz hohe Töne bis 25.000 Hz. Daher muß ein guter HiFi-Verstärker in der Lage sein, das gesamte Frequenzspektrum von 20 Hz bis 25.000 Hz verarbeiten zu können.
Wenn man daher heute einen guten Verstärker in Röhrentechnik plant ist es schon ein recht aufwändiges Projekt, will man die Charakteristiken aller Stufen einer vorhandenen Schaltung so verbessern, daß sie die heutigen Ansprüche erfüllen.
Die Planung einer Verstärkerstufe besteht dabei weniger darin, mühselig alle Widerstandswerte zu berechnen, damit die Röhre so arbeitet, wie es in den Datenblättern angegeben ist. Das größte Problem bereiten vielmehr die erforderlichen Ausgangsübertrager. Sie müssen ausreichend breitbandig sein, um weder die hohen noch die tiefen Frequenzen zu dämpfen.
Eine weitere deutliche Verbesserung gegenüber früheren Schaltungen wurde durch eine aufwändige elektronische Spannungsstabilisierung erreicht.
In alten Verstärkern für Klasse A mußte eine große Filterdrossel in der Anodenspannungsleitung vorgesehen werden, um zu vermeiden daß in den recht empfindlichen Kopfhörern ein Brummen zu hören war, das von den restlichen Wechselspannungsanteilen auf der Anodenspannung herrührte.
Diese große und schwere Drossel wurde in dem hier vorgestellten Kopfhörerverstärker durch einen integrierten Spannungsregler des Typs LM 317 ersetzt. Er beseitigt nicht nur die restlichen kleinen Brummspannungen sondern ermöglicht auch die Versorgung des gesamten Verstärkers mit einer geregelten, stabilen Anodenspannung. Dies verhindert jegliche Art von Klangveränderungen, die durch eine schwankende Anodenspannung hervorgerufen würden.
»Röhren-Puristen« (wie ich auch einer bin ..) würden jetzt vielleicht einwenden, daß dies natürlich kein klassischer Verstärker mehr ist, in dem nur Röhren eingesetzt werden - schließlich gab es vor 40 Jahren noch keinen LM 317 !
Letztlich sind aber auch hier nach wie vor allein die Röhren für den speziellen »Sound« verantwortlich, so daß alle anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Verstärkereigenschaften mit modernen Mitteln der Elektronik sinnvoll sind und erlaubt sein sollten - und bei einem Kopfhörer-Verstärker sogar erlaubt sein müssen.

Die Ausgangsleistung von 2 x 100 mW gilt bei Verwendung eines Kopfhörers mit einer Impedanz von ca. 32 Ohm. Bei Verwendung von Kopfhörern mit höheren Impedanzen bis 300 Ohm sinkt die Ausgangsleistung auf ca. 45 mW pro Kanal ab, ist immer noch ausreichend laut.
Eine Leistung von 100 mW scheint zunächst etwas wenig zu sein. Wer jedoch einmal Messungen gemacht hat und feststellen konnte, daß eine derartige Leistung bereits mehr als Zimmerlautstärke ist dem wird klar sein, daß man den Lautstärkeregler dieses Verstärkers meist kaum bis zur Hälfte aufdrehen kann, da die Wiedergabe sonst einfach viel zu laut wird. - Tatsächlich entsprechen 2 x 100 mW bei Kopfhörerwiedergabe etwa dem akustischen Lautstärkeeindruck, den man hat wenn man vor zwei mit voller Leistung betriebenen 100-W-Boxen sitzt !
Und das dürfte wohl in den meisten Fällen ausreichen...

Die Schaltung des Verstärkers
Die Schaltung besteht aus vier Doppeltrioden des Typs ECC82, die in Klasse A betrieben werden. Die beiden Trioden verstärken das Signal des linken Kanals, der gleiche Schaltungsaufbau bildet den rechten Kanal.
Der Stromlaufplan im folgenden Schaltbild zeigt die Gesamtschaltung des Stereo-Verstärkers, die nachfolgenden Erläuterungen beziehen sich jedoch nur auf den linken Kanal, da der rechte Kanal dazu vollkommen identisch aufgebaut wird.


Das NF-Signal wird an die Eingangsbuchse links im Schaltplan angelegt. Von dort gelangt es über den Lautstärkeregler und dem ersten Kondensator zum Steuergitter der ersten Triode und wird dort verstärkt. An der Anode der ersten Triode steht dann bereits ein um den Faktor 5 verstärktes Signal zur Verfügung, das über einen Kondensator in das Steuergitter der zweiten Triode eingespeist wird.
Die zweite Triode hat nochmals eine Verstärkung von 2. An der Anode dieser Röhre steht daher bereits ein kräftiges, unverzerrtes Signal mit einer Amplitude von maximal 10,2 Vss zur Verfügung, das zur Ansteuerung des Gitters der Endröhre, welche von der zweiten ECC 82 gebildet wird, ausreicht.
Wie man sieht, sind die Gitter, Anoden und Kathoden der zweiten Doppeltriode parallelgeschaltet. Auf diese Weise wird eine Ausgangsleistung erzielt, die für den Betrieb eines Kopfhörers vollkommen ausreicht. Um die hohe Impedanz der beiden Anodenausgänge an die niedrige Impedanz eines Kopfhörers anzupassen ist ein Ausgangs-Übertrager mit möglichst linearem Impedanz-Frequenzgang erforderlich, der das Audio-Frequenzband von 20 Hz bis 25000 Hz mit einer Dämpfung von maximal +/-2 dB verarbeiten kann.

Die Berechnung dieses Transformators, welche ich am Ende dieses Artikels vorstelle, werde ich baldmöglichst dem Jan Wuesten - www.die-wuestens.de - übergeben, diese Ausgangsübertrager können dann preiswert von ihm bezogen werden.

Der Gegenkopplungswiderstand führt einen Teil der Ausgangswechselspannung von der Sekundärseite des Übertragers zum Kathodenspannungsteiler der ersten ECC 82. Diese Gegenkopplung wirkt nicht nur linearisierend auf den Frequenzgang des Verstärkers sondern verhindert automatisch durch eine Begrenzung der Verstärkung, daß die Endstufe, (zweite ECC 82) übersteuert wird.

Sehen wir uns zum Schluß noch das Netzteil etwas näher an.
Im Versuchsaufbau wurde die durch den Brückengleichrichter gleichgerichtete Wechselspannung anfänglich noch über eine Filterdrossel zur Unterdrückung kleiner Brummspannungen den Anoden zugeführt. Diese Drossel führte jedoch zu zwei Problemen: Einerseits war sie sehr voluminös und schwer und erforderte unnötig große Gehäuseabmessungen. - Andererseits jedoch wurde der Spannungsabfall an der relativ hochohmigen Drossel so groß, daß nach einem Ausweg gesucht werden mußte, es wurde ein Hochspannungsnetzteil mit dem integrierten Spannungsregler LM 317 und zwei NPN-Transistoren entwickelt. Damit konnte nicht nur eine stabilisierte Anodenspannung in Höhe von 170 V realisiert werden,- es war auch möglich, auf die große Drossel zu verzichten.


Der Netztransformator liefert auf der Sekundärseite eine effektive Wechselspannung von 170 V, entsprechend einer Spitzenspannung von 170 V x 1,41 = 239 V. Auf diesen Gleichspannungswert wird auch der hinter der Brücke angeordnete Ladekondensator mit einer kapazität von 100 uF aufgeladen.
Die angegebene Gleichspannung von 170 V kann um +/-5 V variieren, was auf die Toleranzen der Widerstände im Netzteil zurückzuführen ist. Diese Abweichung spielt jedoch für die einwandfreie Arbeitsweise der Röhren keine Rolle.
Damit der LM 317 die hohe Spannung stabilisieren kann, wird sein Masseanschluß durch den Spannungsteiler in bekannter Weise auf entsprechend hohes Potential gelegt, so daß die maximale Eingangsspannung zwischen den Punkten E und R des Reglers nicht überschritten wird.
Bitte unbedingt beachten, daß der Punkt R auch auf einer hohen Spannung liegt!

Zur Versorgung der Röhrenheizungen wird die Wechselsspannung in Höhe von 12,3 V, die an der zweiten Sekundärwicklung des Netztrafos zur Verfügung steht, durch den Brückengleichrichter gleichgerichet und dann durch den Sieb- und Lade-Elektrolytkondensator (4700uF) gefiltert, so daß eine weitgehend brummfreie Heizspannung zur Verfügung steht. Sie trägt ganz wesentlich mit zur Brumm- und Rauschfreiheit des Verstärkers bei.

Der gesamte Verstärker kann auf einer zweiseitigen Platine aufgebaut werden, welche mit durchkontaktierten Bohrungen versehen ist. Auf dieser Platine werden alle Bauelemente untergebracht. Die vier Röhrensockel werden dabei von der Unterseite der Platine eingelötet.

Hinweis : Wenn der Zusammenbau beendet ist, sollte der Verstärker zunächst ohne Röhren eingeschaltet werden. Mit einem Multimeter wird zunächst überprüft, ob die korrekten Gleichspannungen für Heizung und Anoden anliegen. Dann den Verstärker wieder ausschalten und erst jetzt die Röhren einsetzen.

- Bitte auch beachten, daß beim Einschalten oder Anlegen einer Eingangsspannung möglichst immer ein Kopfhörer als Lastwiderstand angeschlossen ist.

Und nun - wenn es keine Fehler beim Aufbau, bei der Bestückung der Bauteile und bei der Verdrahtung gab - kann man sich am Klang des Hifi-Röhren-Kopfhörerverstärkers erfreuen !

Wie oben angekündigt - hier die Daten der Ausgangsübertrager :

Röhrenbezeichnung

2 x ECC82

Anodenspannung in Volt:

170

Anodenstrom in mA:

6

Sprechleistung in Watt:

0,1

Außenwiderstand in KOhm:

6

Lautsprecherimped.in Ohm:

30

Untere Frequenz in Hz:

20

Der Ausgangsübertrager muß also folgende Werte aufweisen:

Eisenquerschnitt:

QFe=

1,41

cm²

Gewählter E-Quers.

QFe=

2,56

cm²

Primärinduktivität:

L=

62,1

H

Primärwindungen:

12460

Wdg

Übersetzungsverhältnis:

ü

14,14

Sekundärwindungen

881

Wdg

Anodenwechselstrom:

Ia

4

mA

primärer Gesamtstrom:

Iges

10

mA

primär Drahtstärke:

dp

0,07

mm

sekundäre Stromstärke:

Is

0,06

A

sekundäre Drahtstärke:

ds

0,17

mm


Der von mir gewählte Trafo-Kern ist also ein M42. - Leider habe ich keine Daten zur Verfügung, die die Berechnung eines noch kleineren Kernes ermöglichen - er hätte noch kleiner sein können.
Bei dem gewählten M42-Kern ist nun noch so viel Reserve übrig, daß es möglich wäre den Trafo auf eine untere Grenzfrequenz von 10 Hz zu berechnen.
- Diese Daten sehen dann folgendermaßen aus:

Röhrenbezeichnung

2 x ECC82

Anodenspannung in Volt:

170

Anodenstrom in mA:

6

Sprechleistung in Watt:

0,1

Außenwiderstand in KOhm:

6

Lautsprecherimped.in Ohm:

30

Untere Frequenz in Hz:

10

Der Ausgangsübertrager muß also folgende Werte aufweisen:

Eisenquerschnitt:

QFe=

2,00

cm²

Gewählter E-Quers.

QFe=

2,56

cm²

Primärinduktivität:

L=

124,2

H

Primärwindungen:

17621

Wdg

Übersetzungsverhältnis:

ü

14,14

Sekundärwindungen

1246

Wdg

Anodenwechselstrom:

Ia

4

mA

primärer Gesamtstrom:

Iges

10

mA

primär Drahtstärke:

dp

0,07

mm

sekundäre Stromstärke:

Is

0,06

A

sekundäre Drahtstärke:

ds

0,17

mm



Noch kleiner Tip zum Abschluß : Jan Wuesten - http://www.die-wuestens.de - bietet den Ausgangstrafo für diesen Kopfhörerverstärker für 41,41 Euro (incl. MWSt.) an, auf seiner Homepage findet man ihn auf der Trafo-Seite, dort kann man ihn auch bestellen.

Zum ausproboieren genügt (für den Anfang, zum Ausprobieren) ein kleiner Printtrafo mit 220 Volt Prim. und 6 Volt sek. (6 k Ra ECC82 / 4 Ohm sek. = ~1500, Wurzel daraus = ~38. 220 Volt / 38 = ~6 Volt)



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