EL84 Stereo-Verstärker in SMD-Technik

Andreas Schiefen

Liebe Freunde der Röhrentechnik,

vielleicht erinnern sich einige von euch noch an meinen schönen Messing-AMP, den Jogi in der Röhrenbude und in seinem ersten Buch 2004 vorgestellt hat.

Ich hatte damals den Netztrafo und die Ausgangsübertrager aus einem alten Trio-Kewood Röhrenverstärker verwendet. Aber leider hatten die doch sehr betagten Trafos nach etlichen Jahren ihren Dienst versagt, sodass ich mich 2012 entschied unter Verwendung des vorhandenen Gehäuses und der Trafoverkleidungen den Verstärker neu aufzubauen.

Seinerzeit hatte ich mit einigen Forenmitgliedern Kontakt bezüglich Schaltungsdetails der Phasenumkehrstufe. Letztendlich entschied ich mich für einen Differenzverstärker mit Konstantstromquelle und den Einbau einer weiteren Doppeltriode als Vorstufe. Somit wurde auch eine Gegenkopplung über die erste Stufe möglich.

Beruflich hatte ich fast ausschließlich mit SMD-Technik zu tun, weshalb ich mich entschied, meinen neuen Aufbau mit einer Platine in SMD-Technik auszuführen.

Die schwierigste Aktion war eigentlich die zusätzliche Bohrung für eine weitere Röhre. Denn die mechanischen Arbeiten so durchzuführen dass das hochglanzpolierte Gehäuse nicht beschädigt wird verlangt schon etwas Geschick.

Für die defekten AÜs fand ich mit den ATRA0427 von Jan Wüsten passenden Ersatz. Ich habe diesen Typ verwendet, da er genau in die vorhandene Aussparung und Bohrungen des Gehäuses passte. Für den Nachbau empfehle ich den AÜ Hammond 1608A von BTB elektronik. Dieser ist in Bezug auf Qualität (Blech, Verschachtelung und Aussteuerungsreserven im Bass) dem ATRA0427 überlegen.

Ein geeigneter, üblicher Netztrafo passte leider nicht in die vorhandene Trafoverkleidung des alten Netztrafos. So ließ ich mir einen Rigkerntrafo anfertigen, der die Anodenspannung und die Heizspannung für die Gleichrichterröhre liefert. Ein Schaltnetzteil übernimmt die Heizungen der Verstärkerröhren.



Netzteil

Das Netzteil besteht aus folgenden Komponenten:

HV-Regler

Die Anodenspannung wird mittels Hochvolt-Regler auf 250V stabilisiert. Dieser ist auf einer kleinen separaten Platine (2-lagig, 70x30mm) untergebracht und an der Trennwand zwischen Netzteil und Verstärkerteil befestigt. Diese Trennwand dient auch gleichzeitig als Wärmeableitung für den MOSFET.

Die Schaltung des HV-Reglers ist ein üblicher Längsregler.

R4 und R5 dienen zur Entladung von C1 und der externen Elkos im Netzteil. R2 begrenzt den Strom durch die Z-Dioden. Die Summe von D1 und D2 bestimmt die Ausgangspannung des Reglers. D3 ist nicht bestückt und durch einen 0 Ohm Widerstand überbrückt. Die Z-Diode D4 begrenzt die Gate-Source-Spannung des MOSFET.

C2 und C3 verhindern Schwingneigung.

Der von mir verwendete MOSFET hat einen RDS von nur maximal 41 mΩ und ist recht teuer. Hier können auch andere Typen mit entsprechender Spannungsfestigkeit eingesetzt werden.

Je nach entstehender Verlustleistung am MOSFET ist auf ausreichende Wärmeableitung zu achten. Zur Montage des MOSFET am Kühlkörper oder Chassis ist geeignetes Isoliermaterial zu verwenden. Von der stabilisierten Spannung wird über separate Widerstände und Elkos die Anodenspannung für die beiden Vorstufenkanäle abgezweigt.

Schaltnetzteil

Als "Heiztrafo" für die Verstärkerröhren kommt ein 25 Watt (5V/5A) Schaltnetzteil von MeanWell zum Einsatz. Dies habe ich durch Änderung eines Widerstandes auf eine Ausgangsspannung von 6,3V modifiziert. Bedingt durch den geringen Innewiderstand der Heizfäden bei kalten Röhren und dem daraus resultierenden hohen Einschaltstrom geht das Schaltnetzteil jedoch in die Strombegrenzung und schaltet ab.

Hier hilft meine Power-Management-Schaltung.

Power-Management

Die Power-Management-Schaltung ist auf einer weiteren Platine (2-lagig, 80x50mm).

Ein elektronisches Potentiometer, vom Mikrocontroller angesteuert, ersetzt dabei das Trimmpoti im Schaltnetzteil zur Einstellung der Ausgangsspannung.

Beim Einschalten werden zunächst die Relais eingeschaltet und schließen die Lautsprecherausgänge kurz. Das verhindert alle Geräusche die möglicherweise in der Aufheizphase auftreten könnten.

Dann wird die Spannung langsam bis auf 6,3V erhöht, dies schont ganz nebenbei auch die Heizfäden der Röhren. Nach einer Aufheizzeit wird dann die Anodenspannung über einen Optokoppler-TRIAC eingeschaltet.

Dieser schaltet die Mittenanzapfung der Anodenwicklungen auf GND (Masse).

Anschließend schalten die Relais der Lautsprecherausgänge wieder ab und geben die Ausgänge frei. Die LED signalisiert dabei den Betriebszustand - Aufheizphase=Blinken, Betrieb=Dauerlicht.


Schaltplan Netzteikomponenten



Schaltplan HV-REGLER


Bestückungsplan HV-REGLER



Schaltplan Power-Management


Bestückungsplan Power-Management



Verstärker

Beide Verstärkerkanäle sind auf einer Platine (4-lagig 174x95mm) unter gebracht.

Die Röhrenfassungen befinden sich auf der Rückseite des Boards.

Alle anderen Bauteile befinden sich auf der Vorderseite des Boards.

Um mir eine umständliche Verdrahtung der Röhrenheizungen zu ersparen, habe ich mich für eine 4-lagige Platine entschieden. Dabei werden zwei Lagen fast ausschließlich für die Heizleitungen verwendet.

Bei dem Layout habe ich auf einen möglichst symmetrischen Aufbau geachtet.

Die zweite Lage des Boards liegt komplett auf GND und bietet somit eine perfekte Abschirmung.

Die Eingangsstufen beider Kanäle bestehen aus je einem Triodensystem einer ECC83 Doppeltriode, in Kathoden-Basis- Schaltung mit Gegenkopplung. Hier kann die Verstärkung noch durch eine andere Dimensionierung der Widerstände angepasst werden.

Die Phasenumkehrstufe mit je einer ECC83 ist als Differenzverstärker ausgeführt. Zur Erzeugung der Gittervorspannung ersetzt eine Konstantstromquelle mittels Transistor und LED den sonst üblichen Kathodenwiderstand. Sie hält den Kathodenstrom der ECC83 Systeme und somit den Arbeitspunkt konstant.

Um den für die ECC83 erforderlichen Wert zu erreichen ist hierfür jedoch eine negative Hilfsspannung (-6V) erfordelich. Diese Schaltungsvariante bietet eine hohe Spannungsverstärkung und absolute Symmetrie. Außerdem ist eine große Stabilität gewährleistet, da die Konstantstromquelle Veränderungen der Parameter bei Alterung der Röhren kompensiert.

Die Endstufe arbeitet mit je 2 EL84 Röhren im Ultralinear-Gegentakt A-B Betrieb und bedarf wohl keiner Erklärung.


Schaltplan Verstärker


Bestückungsplan Verstärker



Verdrahtung

Für alle Anschlüsse an den Platinen (außer NF-Eingänge) habe ich geeignete Steckverbindungen verwendet. Das erleichtert die Verdrahtung, sieht sauber aus und macht im Service-Fall auch weniger Arbeit. An Stelle der Stecker können aber auch passende Lötstifte verwendet werden. Die beiden Becher-Elkos der Anodenspannung sind mit den passenden Anschlussösen montiert. Hier ist auf eine absolut perfekte Kontaktierung der Becher (Minus-Pol) zum Gehäuse/Chassis zu achten.

An der Verbindung der beiden Minus-Pole der Elkos befindet sich der zentrale Massepunkt (GND). Hier sind alle Masseleitungen (GND) und der Schutzleiter des Netzkabels (PE) angeschlossen. Die Relais zum Schalten der Lautsprecherausgänge sind direkt neben den Ausgangsübertragern platziert, das vermeidet lange Leitungswege.


Chassis

Abmessungen: 353x253x43 mm (BxTxH, Außenmaße ohne Gerätefüße).

Das Chassis ist aus einem 2mm starken Messingblech gefertigt. Dazu habe ich zunächst das Blech auf einer Seite (spätere Außenseite) mit einer Schutzfolie beklebt, um Beschädigungen bei der Bearbeitung zu vermeiden. Dann wurden alle Bohrungen und Ausschnitte in das Blech gearbeitet und danach die Seitenteile umgebogen. Um das Blech besser biegen zu können und einen kleinen Biegeradius zu erhalten, habe ich das Blech entlang der Biegekanten auf der Rückseite bis auf eine Materialstärke von 0,5mm mit einer Kreissäge eingesägt.

Um die Ecken zu füllen, habe ich hier Vierkantstäbe eingelötet. Nach den Lötarbeiten wurde das Chassis von Hand mit Schleifpapier von verschiedenen Körnungen, bis zu einer Körnung von 1000 nass geschliffen und danach mit Polierpaste bearbeitet.

Die Drehknöpfe sowie der Ein/Aus-Knopf und die Gerätefüße sind aus Messing-Vollmaterial gedreht. Passend zum Design ist als Kontrollleuchte eine plane, gelbe LED in die Front eingeklebt.

Die Becher-Elkos sind mit einer Verkleidung versehen, die aus Messing-Rohrmaterial mit aufgelötetem Deckel gefertigt sind. Die ehemals nackten Trafos habe ich ebenfalls mit einer Verkleidung aus Messingblech versehen. Die zu den Trafos gehörenden Trafohauben habe ich in einem Galvanisierbetrieb verchromen lassen. Die Röhren haben ja von Natur her eine "silberne Mütze" und das bildet doch zusammen mit den Trafo-Abdeckungen einen schönen Kontrast zu dem Messing.

Das Bodenblech des Chassis besteht aus 3mm starkem Messingblech und ist mit Lüftungslöchern versehen. Es ist an den Ecken mit dem Chassis verschraubt. Dazu sind in den Ecken von innen Vierkantstücke mit Gewindebohrungen eingelötet.

Die Astandsbolzen zur Befstigung der Verstärkerplatine, die Fassung der Gleichrichterröhre und die Kontroll-LED sind mit 2-Komponenten Epoxydharzkleber befestigt.

Laustärkeregler und Netztschalter sind an zurückgestzten Winkeln montiert die am Chassis angelötet sind. Vom Netzschalter (Schlafaugenschalter) habe ich die Mechanik des Schlafauges entfernt und gegen den angefertigten Schaltknopf ausgetauscht.


HV-Regler

Power-Management Board

Ringkerntrafo

Ausgangsübertrager (Schirmbleche entfernt)

Eingelötete Eckstäbe

Gerätefuß, Messing Ф 25 mm, H= 5 mm

Auf der Frontseite ist noch ein weiterer Einstellregler zu sehen. Dieser stammt noch aus der vorherigen Schaltung einer regelbaren Loudness und wird nicht mehr verwendet.

Auch gab es eine Kopfhörerbuchse (6,3 mm Klinke). In diese Bohrung habe ich eine Infrarot-Filterscheibe eingesetzt. Vielleicht rüste ich später mal eine Infrarot-Fernbedienung für die Laustärkeregelung nach.

Gewicht des kompletten Verstärkers: 9,8 kg.

Ich hoffe mein Aufbau findet bei einigen Lesern Anklang.

An alle anderen: Es darf gemeckert werden.

Dateien für den Nachbau:

© 2023 Andreas Schiefen

Kontakt: el84-smd@web.de

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