Gegentakt-Röhrenmischverstärker mit EL 34 und EL503
Diese Schaltung wurde speziell für den Selbstbau entworfen. Auch der wenig geübte
Praktiker kann kaum etwas falsch machen, noch nicht einmal dann, wenn er andere als die empfohlenen Röhren verwendet.
Das Schaltungsprinzip beweist, daß eine Schaltung an sich unter Umständen auch noch nach vielen Jahren modern
sein kann, vorausgesetzt, man verwendet die inzwischen auf den Markt gekommenen besseren Bauelemente.
In diesem Schaltungsentwurf werden in den Vorstufen ausschließlich Trioden oder als Trioden betriebene Pentoden
verwendet. Dadurch ergeben sich für diese Stufen Wertbemessungen, die auch bei geänderter Bestückung noch
hinreichend genau stimmen. Im Gegensatz zu Industrieschaltungen, bei denen aus Kostengründen gern alle Röhren bis
aufs Letzte ausgenutzt werden, braucht man hier vielleicht eine Stufe mehr.
Dafür handelt man aber ein hohes Maß an Bausicherheit ein, und das wirkt sich beim Praktiker, der in der Regel
nur ein Einzelstück baut, kostensparender aus als der Preis einer Röhre ausmacht. Hinzu kommt, daß man in
den Vorstufen (Rö 1 bis Rö 4) nahezu jede beliebige und gerade vorhandene Type in Triodenschaltung benutzten kann,
also nicht nur reine Trioden (z. B. EC 92), sondern auch alle Pentoden, die durch Zusammenschalten von Anode und
Schirmgitter als Trioden betrieben werden. Notfalls lassen sich sogar die Doppeltrioden Rö 2 und Rö 4 entsprechend
"auflösen", wenn man unbedingt vorhandene Typen aus dem Vorrat verbrauchen möchte.
Die Röhren EF 86 und ECC 83 sind besonders gut durch die älteren Ausführungen EF 40 und ECC 40 zu ersetzen,
und nach Möglichkeit sollte man wenigstens für die Röhren Rö 1 und Rö 2 bei diesen beiden
Bestückungsmöglichkeiten bleiben.
Die Schaltung enthält aber noch einen zweiten Kniff: Auch in der Bestückung der Gegentakt-Endstufe ist für
Freizügigkeit gesorgt. In gewissen Grenzen kann man die Sprechleistung durch die Wahl anderer Endröhren selbst
bestimmen, sofern man dann auch die elektrischen Daten nach folgender Tabelle in der Endstufe und im Netzteil an die neuen
Betriebsbedingungen anpaßt.
Hierzu ist einiges Grundsätzliches zu bemerken:
Daß der gemeinsame Katoden- (R 1) und der Schirmgitterwiderstand (R 2) den Röhrendaten entsprechen müssen,
versteht sich von selbst. Eine Besonderheit ist beim Verwenden der US-Endröhre 6L6 zu beachten. Bei dieser ist die
Schirmgitterspannung wesentlich niedriger als die Anodenspannung, weil aber bei dem vorgesehenen AB-Betrieb ein hochohmiger
Vorwiderstand R 2 eine lautstärkeabhängige ("weiche") Spannung brächte, muß in diesem
Sonderfall eine Stabilisatorröhre für konstante Spannung sorgen. Deshalb ist der Widerstand R 2 durch die
Glimmröhre OC 3 (Valvo) zu ersetzen. Stabilisator-Röhren mit gleichen Eigenschaften bekommt man häufig sehr
billig aus US-Beständen unter der (Armee-) Bezeichnung VR 105.
Beim Netztransformator muß die Spannung der Anodenwicklung genau eingehalten werden, während für die
Belastbarkeit nach oben keine Grenzen bestehen.
Wenn man den Ausgangsübertrager auswählt, muß man den Anpassungswert von Anode zu Anode (Raa) sowie die
Mindestbelastbarkeit wissen. Diese Angaben enthält die vorletzte Tabellenzeile. Die Ohmzahl auf der Sekundärseite
hängt dagegen weitgehend vom Verwendungszweck und den persönlichen Wünschen ab. Wird nur ein
Lautsprecher angeschlossen, dann genügt ein einziger 5-W -Ausgang. Wer noch einen
zusätzlichen 100-V-Ausgang für Übertragungsanlagen wünscht, findet die zugehörigen
Scheinwiderstandswerte in der untersten Zeile der Tabelle. - Vielleicht ist noch nachzutragen, daß die
Originalschaltung einen Ausgangsübertrager für 3,4 W / 35 W und für einen
100-V-Anschluß von 300 W verlangt.
Noch ein Wort zur Röhrenbestückung: Wer die veraltete Type EL 12 spezial preiswert bekommen kann, trifft keine
schlechte Wahl. Ihre Anodenanschlüsse befinden sich oben auf dem Glaskolben. Dadurch ergeben sich extrem kurze
Zuleitungen zum Ausgangsübertrager, der unmittelbar daneben auf dem Chassis befestigt ist. An Stelle von Litzen benutzt
man zweckmäßig die erforderlichen UKW-Schwingschutzwiderstände zu 20 W , und
weil das sowieso vorhandene Chassisblech eine ideale Abschirmung zwischen Gitter- und Anodenleitung bildet, erhält
man einen besonders rückwirkungsarmen Aufbau.
Die Eingangs-Mischkanäle I bis III sind für unterschiedlicheEmpfindlichkeiten ausgelegt. Bei I (= ca. 2 mV an 10
MW) kann man Kristallmikrofone oder Tauchspultypen mit eingebautem Aufwärtsübertrager
anschließen.
Eingang II eignet sich für Tonbandgeräte oder Tonabnehmer (= 40 mV an 1 MW) und
Eingang III (= ca. 1 V an 100 kW) ist für Tuner oder Kabelleitungen bestimmt. Damit
erfaßt man alle Pegel, die normalerweise dem Praktiker zur Verfügung stehen. Die eigentliche,
rückwirkungsfreie Mischung erfolgt an den parallel geschalteten Anoden der Doppelröhre Rö 2. Dort ist auch
der Entkopplungswiderstand des Einganges III (100 kW) angeschlossen, und das (in der Zeichnung)
linke Ende des 10-k-W Längswiderstandes bildet den Knotenpunkt der Mischordnung.
In der Röhre Rö 3 erfolgt eine Nachverstärkung. Anschließend kann man über einen Kondensator von
20 nF und den Toneinsteller (500 kW) die hohen Töne beschneiden und mit dem
Summenpotentiometer die Gesamtlautstärke des gemischten Klangbildes bestimmen.
Das erste System der Röhre Rö 4 bewirkt eine nochmalige Nachverstärkung, während das zweite System in
einer sogenannten Kathodyneschaltung die Phasenumkehr zum Ansteuern der beiden Gegentakt-Endröhren liefert.
In den Elektroden-Zuleitungen der Endröhren liegen UKW-Schwingschutzwiderstände (Gitter = 10 k
W, Anode = 20 W, Schirmgitter = 20W),
die für stabiles Arbeiten sorgen. Die Katoden- (= R 1) und Schirmgitterwiderstände (= R 2) sind für beide
Stufen-Hälften vereinigt. Weil die dort abfallenden Tonspannungen gegenphasig auftreten, kompensieren sie sich
gegenseitig und erübrigen die sonst (= getrennte Widerstände) erforderlichen Kondensatoren gegen Masse. Mit dem
Einstellwiderstand Sy (= Symmetrierung) lassen sich beide Endröhren auf genau gleichen Anodenstrom symmetrieren. Zu
diesem Zweck schließt man bei den Meßbuchsen M ein mA-Meter an und stellt das Potentiometer Sy so ein, daß
das Meßinstrument gerade Nullausschlag zeigt.
Bisher wurde von Konstruktions-Kniffen in der Schaltung gesprochen. Ein dritter Kniff, der die Nachbausicherheit
bestimmt, bildet die Anordnung vieler Bauelemente auf einer Lötösenleiste nach dem folgenden Bild.
Hält man sich nämlich sowohl an diese Anordnung als auch an die grundsätzliche Platzverteilung auf dem
Chassis nach folgendem Bild, so ergeben sich zwangsläufig äußerst kurze Verbindungen zwischen der
Lötleiste und den Röhrenfassungen.
Das nächste Bild der Bestückungsunterseite des fertig aufgebauten Verstärkers mag das verdeutlichen.
Das Aussteuerungsmessgerät kann natürlich auch wegfallen, aber er ist doch recht praktisch. Wer ein
überzähliges Strommessgerät für 0,1 bis 1 mA Vollausschlag besitzt, wird ihn hier gern
zweckmäßig verwenden. Als Meßgleichrichter eignet sich praktisch jede Diode. Die Instrumentenskala braucht
keine Beschriftung zu tragen, es genügt, wenn man ihr letztes Drittel (= Übersteuerung) rot markiert. Bei
Inbetriebnahme wird der Verstärker so laut eingestellt, daß gerade noch keine Verzerrungen hörbar sind.
Dann ist mit MR der Instrumentenausschlag genau auf Beginn des roten Feldes zu bringen. In Zukunft weiß man auch ohne
Mithörlautsprecher, z. B. bei Außenübertragungen, daß nie so laut "aufgedreht" werden darf,
daß der Zeiger in das rote Feld ausschlägt.
40-Watt-Röhrenverstärker mit niedriger Anodenspannung, mit der Röhre EL 503
Eine neuere Endröhre gibt in Gegentakt-AB-Schaltung bei nur 265 V Anodenspannung 40 Watt Sprechleistung ab; es ist die
Pentode EL 503. Für den Konstrukteur ist niedrige Anodenspannung deshalb ein wichtiges Argument, weil er im Netzteil
mit handelsüblichen Elektrolytkondensatoren auskommt. Selbst bei sehr großzügigem Sicherheitsabstand erweisen
sich die normalen 500-V-Typen in jeder Weise als ausreichend.
Betrachtet man die folgende Tabelle, die die Betriebsdaten der bekannten Endröhre EL 34 mit denen der neueren Type
EL 503 vergleicht, dann erkennt man nodi weitere Vorteile:
Die erforderliche Steuerspannung Ui eff ist niedriger (= geringere Vorstufen-Verzerrungen), und man braucht auch einen
kleineren Außenwiderstand (Raa) zwischen beiden Anoden. Das vereinfacht den Ausgangsübertrager (= weniger
Primär Windungen).
Die erste Versuchsschaltung mit diesen neuen Röhren stammt aus dem Valvo-Labor. Sie erhebt keinen Anspruch auf das
Ausschöpfen aller denkbaren Vereinfachungsmöglichkeiten, denn sie wurde lediglich aufgebaut, um vorläufige
Meßwerte zu erhalten.
So fällt z. B. die etwas umständliche Teilschaltung mit der Röhre ECC 82 zum Erzeugen der Phasenumkehrung
auf. Mit dem Potentiometer P 1 wird die Symmetrie beider Triodensysteme eingestellt (= gleiche Verstärkungsziffer} und
der Einsteller P 2 erlaubt es, die Gegenkopplung so hoch zu treiben, daß gerade noch keine Selbsterregung eintritt.
Die Parallel-RC-Glieder 1,5 kW / 470 pF an der Anode der Vorröhre EF 86 sowie 2,7 k
W / 5 nF an der Primärseite des Ausgangsübertragers lassen zusammen mit dem
Parallelkondensator von 820 pF am Einsteller P 2 erkennen, daß man vermutlich einen gerade vorhandenen einfachen
Ausgangsübertrager benutzte und diese Korrekturen vorsah, um vorzeitiges Selbstschwingen zu unterdrücken. - Darauf
deuten auch die Hf-Drosseln an den Schirmgittern der Endstufe. Sie entsprechen den üblichen UKW-Fallen zum
Unterdrücken von Selbsterregung im Hf-Bereich.
Die nachfolgend gezeigten Diagramme dazu zeigen Meßwerte dieser Versuchsschaltung.
Was die Qualität dieser Schaltung anbelangt, so zeigt bereits die Klirrfaktorkurve im vorletzten Diagramm, daß
man selbst bei Aussteuerung bis zu 30 Watt noch bei 1 % bleibt.