"Eine Zeile mehr für die 'Zeilenröhre' PL 36"
- von Hermann Urlberger


Gesamtaufbau Platinen und Metallgehäuse

Unlängst fand ich in meinem Sammelsurium von Röhren eine alte PL 36, die ich als kleiner Junge beim Ausschlachten eines alten Fernsehers in die Finger bekommen hatte. Verschiedentlich wird berichtet, dass man damit nichts so recht bewerkstelligen könne, weil die Röhre "driften" würde, es Limitierungen bei der äußeren Beschaltung gäbe, der Klang nicht so recht sei usw.. - und es eben eine Röhre rein für die Horizontalablenkung für Bildröhren wäre und für nichts anderes so richtig geeignet... die Abb.01 zeigt diese Röhre.


Abb.01: eingesetzte PL 36 aus 1955 - 1960

Aber Hans Koch hat ja auch schon erfolgreich mit dieser Röhre gearbeitet. So beschloss ich einmal herauszufinden, was getan werden muss, um aus dieser Röhre einen kleinen Übungsamp für eine E-Gitarre zu bauen, der so in den Ausgangsleistungsbereich wenigstens um 4-5 Watt kommen sollte. Die Steilheit mit S = 14 mA/Volt ist mehr als akzeptabel.

Zunächst einmal war festzustellen, dass die Anschlussbelegung der mir vorliegenden PL 36 nicht der entsprach, die in den verfügbaren Datenblättern hinterlegt ist.


Abb.02: Anschlussbelegung PL 36 lt. Datenblatt

Die Röhrenbeheizung sitzt zwar richtigerweise auf den Pins 2 und 7, hingegen hängt g2 auf Pin 8 und K,g3 auf Pin 1 - das Konstrukt war mir so nicht bekannt; glücklicherweise habe ich es vorher bemerkt.

Nach einigem Experimentieren, Rechnen und Messen ergab sich nachfolgende Schaltung, die geeignet ist es auch mit "alten Röhren" aufzunehmen. So habe ich zur Erzeugung der automatischen Vorspannung die für mich bewährte Methode gewählt, den Kathodenwiderstand hier durch einen 18 Volt Festspannungsregler (7818, positiv 1,5 Ampere 105°C-Typ) zu ersetzen und diesen durch die äußere Beschaltung (470 Ohm/100µF) auf eine konstante Spannung von -17 Volt einzustellen. br> Durch die Proportionalität zwischen Ein- und Ausgang des Reglers fließt zwingend genau derselbe Strom durch die Kathode der Pentode am Ausgang des Spannungsreglers, wie über den Eingangswiderstand vorgegeben, die Spannung an der Kathode bleibt stabil... solange bis dem Regler theoretisch die "Luft" ausgeht.
Das Gitter liegt über 220k auf Masse, so dass sich die entsprechende Gittervorspannung einstellt. Die wechselstrommäßige Gegenkopplung an der Kathode der PL 36 wurde mit einem Tonfrequenzkondensator 220µF aufgehoben.
Nicht genug mit dem elektronischen Korsett - die Schirmgitterspannung wurde über eine Beschaltung mittels BD 410/150K (bitte keinen BD 140 nehmen, der verwandelt sich in einen Blitz) und einer Zenerdiode (ZPD) auf 130 Volt fest eingestellt. Beide Halbleiterelemente (7818/BD 410) sind auf einem kleinen Kühlkörper angeordnet, der weniger die Wärmeentwicklung der Halbleiter selbst, als den Wärmeeintrag durch die Röhre kompensieren soll.


Abb.03: 7818 und BD 410 auf Kühlkörper

Der Ausgangsübertrager ist ein handelsüblicher Typ mit primär 2,5 KOhm und sekundär 4/8Ohm. Betrieben wird die Schaltung bei ca. 330 Volt (250 Volt Wechselspannung aus dem Versorgungstrafo), es fließt ein Ruhestrom von 36 mA, unter Volllast bis 60 mA . Auf eine Rückkopplung konnte ich erfreulicherweise verzichten.

Angesteuert wird die Schaltung über zwei Vorstufen in SRPP-Beschaltung 2 x EC 92 (Beheizung mit Gleichspannung, getrennt) sowie ECC 81 (Beheizung mit Wechselspannung), mit einem Klangregel-Netzwerk dazwischen.


Abb.04: Vorstufen - SRPP im Bildoben 2 EC92, SRPP - im Bild unten ECC81

Das ist bekannte Technik, vgl. Schaltplan anbei. Für alle, die eine E-Gitarre damit betreiben wollen, ist die Frequenzkorrektur damit gut passend, für alle anderen Anwendungen sollten die Korrekturglieder entfernt werden.
Die Dynamik bzw. die Ansteuerungscharakteristik des vorgestellten Verstärkers mit Endstufe PL 36 ist für einen kleinen E-Gitarren-Übungsamp völlig ausreichend - man kann schon ordentlich Krach damit machen.
Wichtig zu erwähnen, dass im subjektiven Eindruck auch bei kleinen Lautstärken genügend Volumen und Transparenz im Klang steckt, die nutzbare Zerre im Sättigungsbereich ist hervorragend.

Also, eine Zeile mehr für die alten Zeilenröhren PL 36...






Der Versorgungsteil ist denkbar einfach, als da wären 4 x 1 N 4007 als Brücke, mit nachfolgender Siebung 270µF/450 Volt, sowie C = 0,1µF MKS für HF-Siebung und einem Löschwiderstand 120 k nebst Sicherung.



Abb.05: Versorgungsteil Anodenspannung


Der Trafo NTR 3 bringt 250 Volt Wechselspannung mit 85 mA, dies sollte auch so dimensioniert bleiben. Die Heizspannungswicklung hat 6,3 Volt bei 3 Ampere, hier genügt für die Versorgung der Schaltung in den Vorstufen auch 1 Ampere. Die PL 36 benötigt, gemäß den verfügbaren Datenblättern, eine Heizspannung von 25 Volt bei 0,3 Ampere. Diese wird über einen kleinen separaten Heiztrafo bereitgestellt und über 2 x 330 Ohm mittig an Masse symmetriert.

Ich denke, dass die Beschaltung - wie vorgestellt - dazu geeignet ist, auch mit "alten Schätzchen" aus der Bastelkiste der PL 36 etwas vernünftiges anzufangen. Die Schaltung ist recht einfach, ausreichend dimensioniert und robust.

Das oberste Bild zeigt die Anordnung der Gesamtschaltung, etwas rudimentär, als Experimentieraufbau auf Abstandhaltern in einem Metallchassis - dennoch, der Gesamtaufbau ist so von Anfang an absolut brummfrei, deshalb werde ich das Teil wohl auch so belassen.
Die Darstellung der Sinus-Kurve 1kHz im Oszi für die Endstufe mit der PL 36 (halbe Last) zeigt das folgende Foto.


Abb.07: Darstellung Sinuskurve 1kHz über die Endstufe

Für Anregungen, Kritik und auch Fragen stehe ich gerne unter urlberger@wtal.dezur Verfügung.
Viele Grüße aus Ratingen
Hermann H. Urlberger

Zurück zur Hauptseite