Einfach nachzubauender Reflex-Empfänger mit der Russischen Vergleichsröhre
für die RV12P2000 - der 12 SH 1L
Leistet eine Reflexschaltung beim Fernempfang auch Erstaunliches, so kann sich selbst der erfahrene Bastler eines Gruselns
nicht erwehren, wenn er an die schwierige Einstellung eines solchen Empfängers denkt. Man war der Reflexschaltung damals
deshalb auch nicht gut gesinnt und hat ihr nicht die Beachtung gezollt die sie dennoch verdient; zwar nicht als
Fernempfanger, aber als Ortsempfänger.
- Ausschnitt aus einem Vorwort zu einer Reflex-Nachbau-Anleitung aus der Zeit um 1938: "Es liegt im Prinzip dieser
Schaltung, daß sie überall da zum Retter werden kann, wo besondere Umstände den Bau einer Hochantenne
verbieten und wo der Geldbeutel die Anschaffung eines größeren Gerätes zur Erzielung von Lautsprecherempfang
des Orts- oder Bezirkssenders verbietet. So einfach eine Reflexschaltung auch ist, so Erstaunliches leistet sie als
Ortsempfänger. Allen denen, die sich mit einem Detektor-Sekundärempfänger und einer weiteren Stufe als
Niederfrequenz-Verstärkung vergeblich bemühten, an einer Hilfsantenne guten Lautsprecherempfang zu erzielen, sei
geraten, dieselben Einzelteile zum Umbau des hier beschriebenen Reflexempfängers zu verwerten. Sie werden es nicht zu
bereuen haben!" - Soweit der Text "von damals".
Hier will ich ergänzend nur anführen, daß der nachfolgend beschriebene Reflex-Empfänger sehr wohl zum
Fernempfang eingesetzt werden kann aufgrund der Schaltungsart und des zusätzlich eingesetzten Sperrkreises.
Doch nun zur Beschreibung:
Die Spule ist auf ein Papprohr aus einer Faxrolle (25 mm Innendurchmesser, 30 mm außen) gewickelt. Der Draht stammt von
einem alten Transformator oder irgendeiner alten Relaisspule (0,2 mm CuL); L2 kann man mit HF-Litze wickeln - muss aber nicht
sein.
Auch der Sperrkreis ist auf ein Stück Papprohr gewickelt.
Als Drehko wurde ein 2-Fach-Typ genommen, weil der billig bei Oppermann erhältlich war (2,95 DM). - Klassisch
wäre ein Einfach-Drehko, ss geht aber auch mit einem Pertinax-Drehko (Quetscher).
Für die Rückkopplung ist ein Poti eingebaut.
Die 12 SH 1L ist eigentlich eine Batterieröhre, deshalb brummt es kräftig, wenn man sie mit Wechselstrom heizt -
aus diesem Grund einen Gleichrichter und anschließend einen "dicken" Siebelko mit ca. 500 uF verwenden.
Man kann aber auch die Heizfäden in Reihe schalten, den Gleichrichter ans Netz legen und hinter dem Gleichrichter
über einen Widerstand von 2,7 KOhm / 15 Watt anschließen. - Heizt wunderbar!
Als Ausgangstrafo kann man (fast jeden) Typ nehmen - bei dem auf dem Foto abgebildeten Gerät wurde ein Ausgangstrafo
aus einem alten Fernseher verwendet. - Der Primär-Widerstand des Ausgangsübertragers kann zwischen 750 Ohm bis
ein paar KOhm liegen.
Alle Teile sind eigentlich ganz gut zu bekommen (Oppermann/Conrad). - Einziges Problem: die Loctal-Fassungen für diese
Russischen Röhren. Diese sind heute nur noch schwer zu bekommen und sind dann auch meist Übergebührlich teuer.
Nimmt man eine defekte Octal-Röhre, wie die PL36 etc. und entfernt vorsichtig den Sockel, kann man eine russische
Loctal-Röhre nehmen, mit einem Seitenschneider vorsichtig die Anschlußenden etwas verbreitern - die Röhre
passt dann hervorragend in die leere Fassung, in die Anschlußstifte hinein. Auch bekommt sie guten und
zuverlässigen Kontakt in den Anschluß-Röhrchen des Sockels.
Behelfen kann man sich auch mit Quetschhülsen, kleinen, meist versilberte Röhrchen, ca. 1,5 mm Außendurchmesser,
6-7 mm lang. - Oben nach außen umgebördelt zu einem Kragen. - Diese passen auf die Röhrenanschlußstifte.
Hierfür muß man die acht 1,5-mm-Bohrungen genau in den richtigen Abständen auf das Chassis übertragen -
welches - in diesem Fall - aus Isoliermaterial bestehen muß (Pertinax, Hart-PVC, etc.).
Um eine Verwechslungsgefahr beim einsetzen der Röhren auszuschließen muß das mittlere Führungsloch,
welches ca. 6 mm im Durchmesser ist, sehr genau gebohrt und an der richtigen Stelle mit einer kleinen Führungsnut
versehen werden. Auch ist es möglich, die Sockel defekter Octal-Röhren zu verwenden - in den Sockel einer PL36 z.B.
passt die russische Octal-Röhre herrlich 'rein - oder man benutzt den Sockel von einer EM34 - hier müßte
allerdings einiges umgebaut werden, wie man erkennen wird...
Die Schaltung:
Man erkennt links die äußerst einfach herzustellende Spule. Wie in der Schaltung - und
noch besser auf den nachfolgenden Fotos - leicht zu erkennen, sind die drei Wicklungen mit einem geringen Abstand
voneinander (L1 zu L2 etwa 5 mm, L2 zu L3 - obere Wicklung im Foto - etwa 1 cm) gewickelt.
L1 erhält 30 Windungen 0,2 mm CuL - also festem Draht, keine Litze; L2 wird mit 80 Windungen (Mittelwellen-typisch) mit
HF-Litze gewickelt - es kann aber auch hier CuL verwendet werden, sofern keine Litze vorhanden ist; L3, die
Rückkopplungs-Wicklung, wird mit 40 Windungen, auch 0,2 mm dicker CuL, gewickelt.
L1 ist die Reflex-Wicklung, die mit einem 5000 pF-Kondensator auf Masse geschaltet wurde und damit "kalt" gelegt ist.
- Wichtig: Die Verbindungsleitungen von und zu der Spule (die Reflexleitungen) müßen mit Koxial-Kabel
hergestellt werden! - Die Abschirmung wird an der Endröhren-Seite auf Masse gelegt - auf der Spulenseite werden die
Abschirmungen der beiden Koax-Kabel nur zusammen verlötet, nicht auch noch auf Masse gelegt!
Die Rückkopplung ist mit L3 und einem 50-KOhm-Potentiometer sowie einem Kondensator von 500 pF in Reihe, auf die Anode
der ersten Röhre geschaltet.
Abgestimmt wird mit L2 und einem 500-pF-Drehkondensator, welche, wie üblich, mit einem R/C-Glied auf das Eingangsgitter
der ersten Röhre führt.
Die Antenne wird mit einem 50 kOhm-Potentiometer, welcher gleichzeitig als Lautstärkeregler dient, angekoppelt - und
zwar an das Eingangsgitter der zweiten Röhre, die gleichzeitig als Endstufe arbeitet. - Die zweite Röhre arbeitet
also als HF-Vorstufe und gleichzeitig als NF-Endstufe..
Der Schaltungsaufwand ist mit der Anzahl der verwendeten Widerstände und Kondensatoren sicherlich etwas höher
als bei einem einfachen Geradeaus-Empfänger - aber dieser Aufwand lohnt sich!
Zu erwähnen ist noch der Sperrkreis. Dieser Empfänger in Reflexschaltung verstärkt sehr stark, man hat
auch am Tage eine hohe Anzahl von Sendern - aber viele gleichzeitig... an der gleichen Stelle... - trotz des
Abstimmdrehkondensators.
Aus diesem Grund ist hier noch dert Sperrkreis vorgesehen, der einen überlagernden Sender ausfiltert, "aussperrt".
- Nützlicher Nebeneffekt eines solchen Sperrkreises, der mit einem 500-pF-Drehkondensator abgestimmt wird (hier reicht
auf jeden Fall eine Quetsche aus): Man bekommt bei schwachen Sendern, an einem bestimmten Punkt der Abstimmung des
Sperrkreis-Drehkondensators, eine teilweise ganz erhebliche Verstärkung und somit eine Lautstärkeerhöhung.
Auch dieser Sperrkreis wird auf einem Papprohr gewickelt, mit 3 x 28 Windungen 0,2 mm CuL.
Wichtiger Hinweis: Der Sperrkreis liegt in Reihe mit der Antennenleitung. Da ist ein kleiner Fehler im Schaltbild...
- Am unteren Ende ist Masse eingezeichnet. Das ist FALSCH, dieses Ende kommt in die Antennenbuchse !
Die Anzapfungen - nach jeweils 28 Windungen - dienen der Antennenanpassung, d. h. je nach Antennenlänge kann man die
günstigste Anzapfung wählen. Wenn man eine untere Anzapfung nimmt, wird der Sperrkreis weniger von der Antenne
bedämpft. Die Sperrtiefe wird besser und auch schmalbandiger. Weiter oben wirds lauter, aber der Ortssender wird nicht
so gut unterdrückt. Muss man ausprobieren, was im Einzelfall am besten ist.
Mein Freund Peter hat mit seinem Gerät, welches auf den nachfolgenden Fotos zu sehen ist, den Münchner Sender auf
801 kHz ein erhebliches Problem. Dieser ist nur ein paar Kilometer weit von ihm entfernt und schlägt ohne Sperrkreis
voll durch. - Mit diesem Sperrkreis kann er auch weitere entfernte Sender gut hören, z.b. Mailand, manchmal sogar
Hilversum - und das von München aus !! - u.s.w., aber diesen dann nur am Abend.
Zu den Fotos:
Auf dem ersten Bild ein Blick von hinten in das Gerät - die beiden weißen Koaxkabel sind die Reflexleitungen
von der Anode der zweiten Röhre sowie vom Ausgangsübertrager zur Spule L1.
Auf dem zweiten Bild ein Blick auf das Chassis von vorne: links das Antennen-Poti, mitte die Rückkopplung, rechts
die Abstimmung (Senderwahl). - Hinten links sehr schön zu erkennen: der Sperrkreis.
Achtung: Sollte - wie auf diesen Fotos zu sehen - das Chassis aus einem Alu-Blech oder ähnlichem Material hergestellt
werden - das Chassis ist mit einem Pol der Netzleitung verbunden : Also allergrößte Vorsicht!!!
Hier noch ein Foto dieser russischen Röhre 12 SH 1L. Ich hatte sie aus ihrem Aluminium-"Käfig"
befreit, weil ich sehen wollte, wie diese Röhre aussieht. Heraus kam, anstatt einem kleinen häßlichen
Entchen ein stolzer Schwan, eine sehr schöne Röhre.
- Eine auch aus dem Alugehäuse entfernte 4 SH 1L sah übrigens völlig identisch aus. Ich werde
selbstverständlich nun nur diese so befreite Röhren verwenden ..
Ich habe mir in der Zwischenzeit für diese Röhre eine Püfkarte für mein Funke-
Röhrenprüfgerät hergestellt. Die blau eingefärbten Löcher müssen ausgestanzt werden. Die
beiden rotumrandeten Löcher sind für die beiden unterschiedlichen Heizungen, bei der 12SH1L werden 12 Volt benötigt;
bei der 4SH1L aber nur 4 Volt. - Da beide Röhren aber völlig identisch in ihren Daten sind, wäre es unsinnig,
hierfür zwei Karten anzufertigen.
Hinweis: Beim Ausdruck darauf achten, daß die Bildbreite auf 20 cm eingestellt wird, dann passt's genau.
Zum Schluß noch zwei Fotos, die die RV12P2000 zeigen. - Auf dem ersten Foto erkennt man die verschiedenen und doch gleichen
Röhren von verschiedenen Herstellern, wie v.links Telefunken-Ulm, Telefunken-Berlin, RFT, RWN, VEB-RFT und, rechts außen,
die in diesem Empfänger eingesetzte Russische Version der RV12P2000.
Auf dem letzten Foto erkennt man eine Telefunken-gefertigte RV12P2000, rechts daneben eine noch ungesockelte Röhre.