Aussteuerungsanzeige mit Oszilloskope-Röhre
(Quelle: Funkschau 1961, Heft 2)


Allgemeines
Für hochwertige Magnettonaufnahmen ist ein genauer Aussteuerungsmesser notwendig, wenn die Möglichkeiten des Tonbandes voll ausgenutzt werden sollen. Bei Heimgeräten ist dies noch kritischer als bei Studiomaschinen. Bei ersteren liegt nämlich der Aufsprechpegel für Vollaussteuerung bis zu 6 dB über dem DIN-Bezugspegel. Dies bedeutet, daß das Band bis zur Sättigung magnetisiert wird und daher bereits sehr geringe Übersteuerungen, die sich nicht immer ganz vermeiden lassen, zu unerträglich hohen Verzerrungen führen. Studiomaschinen sind dagegen in dieser Hinsicht relativ unempfindlich.
Mit der bekannten Methode der Aussteuerungsanzeige durch Anzeigeröhren wie EM 84 oder EM 71 läßt sich eine genaue Aussteuerung auch nicht annähernd erreichen. Dies ist auf die Röhreneigenschaften zurückzuführen. Setzt man das Schliessen der Leuchtbänder bzw. der Leuchtsektoren bis auf einen feinen Strich als Vollpegel an, so bedeuten bereits 3...5 mm Abstand der Leuchtflächen nur einen Pegel von rund 50 %. Übersteuerungen werden jedoch überhaupt nicht angezeigt.

Im folgenden wird ein Gerät beschrieben, das ähnliche Eigenschaften wie die im Studiobetrieb üblichen Ausssteuerungsmesser besitzt, die jedoch leider für private Zwecke kaum erschwinglich sind. Dieses Meßgerät wurde speziell für ein kleines Tonstudio entwickelt, in dem hauptsächlich mit dem Telefunken-Studio-Magnetophon M 5 gearbeitet wird. Deshalb wurde auf die Eigenschaften dieser Maschine besonders Rücksicht genommen. Durch eine zusätzliche unkritische Spannungsverstärkerstufe läßt sich der Aussteuerungsmesser auch in Verbindung mit Heimtonbandgeräten benutzen. Entsprechende Beispiele werden zum Schluß angegeben.

Die Skala des Gerätes ist schematisch im Bild dargestellt. Mit Hilfe eines Umschalters kann für Meßzwecke, z. B. zum Einmessen einer Magnetophon-Apparatur, die Eingangsempfindlichkeit für die Anzeige 100 % um den Faktor 20 dB = l : 10 erhöht werden. Demnach sind dann dafür am Eingang anstatt 1,55 V nur 155 mV Nf-Signal erforderlich.


Wirkungsweise
Die Schaltung ist im Schaltbild dargestellt. Die günstigen Eigenschaften des Aussteuerungsmessers konnten nur durch Verwendung einer Elektronenstrahlröhre DG 7-52 A erreicht werden. Diese Ausführung wurde gewählt, weil sie auf beiden Plattenpaaren asymmetrisch abzulenken ist und die geforderte hohe Empfindlichkeit aufweist. Drehspulinstrumente üblicher Bauart sind viel zu träge und liefern daher nur ungenaue Ergebnisse.
Es gibt zwar Spezialinstrumente, die im Preis um ein Mehrfaches höher liegen als eine Elektronenstrahlröhre mit allen Zusatzgeräten; sie kommen daher für diesen Zweck nicht in Frage.

Auf dem Schirm der Elektronenstrahlröhre entsteht ein Lichtzeiger am linken Bildschirmrand. Beim Auftreffen eines Signals schlägt er trägheitslos nach rechts aus und läuft langsam zurück. Auf diese Weise werden auch impulsähnliche Signale von sehr kurzer Dauer genau angezeigt.


Die Nf-Eingangsspannung (im Schaltbild) gelangt über den Betriebsartenschalter S 1 direkt zum Gitter der Regelpentode EBF 80. Das verstärkte Signal wird dann mit Hilfe des Übertragers Tr. 1 und der beiden Diodenstrecken der Röhre EBF 80 in Vollweggleichrichtung in eine Gleichspannung verwandelt. Diese Gleichspannung lädt einmal den Kondensator C1 in kürzester Zeit auf den Spitzenwert der Spannung auf und zum anderen dient sie noch zum Regeln des Pentodensystems der EBF 80.
Die beiden Germaniumdioden OA150 haben die Aufgabe, das Überschwingen zu beseitigen. Wird nämlich bei dieser Anordnung im Ruhezustand, also bei Gittervorspannung 0, plötzlich ein Signal auf den Eingang gegeben, so ist zunächst die Verstärkung bis zum Einsetzen der Regelung sehr hoch. Hierbei entsteht am Gitterwiderstand ein Anlaufstrom, durch den kurzzeitig eine zu große Spannung angezeigt wird. Diese Erscheinung wird als Überschwingen bezeichnet. Mit Hilfe der beiden Dioden OA 150 (*) wird das Zustandekommen eines Gitterstromes vermieden und damit das Überschwingen bis auf einen zu vernachlässigenden Wert von unter 1 dB herabgedrückt.
(*) = Inzwischen wurden im Modell diese beiden Dioden gegen Intermetall-Dioden Typ S 33 ausgetauscht, deren Daten noch besser für diesen Spezialzweck passen. Der Ladekondensator C 1 kann dann auf 1 µF erniedrigt werden)

Mit dem Gerät wurde ferner die Anzeige sehr kleiner Amplituden (unter - 25 dB) angestrebt. Dazu mußte die Anfangsverstärkung erhöht werden, aber dann konnte mit den Germaniumdioden das Überschwingen nicht mehr unterdrückt werden, sondern es wären teure Siliziumdioden notwendig gewesen. Darauf wurde verzichtet und statt dessen noch eine Spannungsverstärkerstufe mit einer Triode EC 92 eingebaut. Der Meßbereich erweitert sich damit um den Faktor 20 dB = 1 : 10. Diese Stufe kann mit dem Schalter S 2 bei Bedarf vor das Gitter der EBF 80 gelegt werden, und dann ist es möglich, noch sehr kleine Amplituden zu messen, ja sogar Fremdspannungsmessungen lassen sich durchführen. Ganz allgemein kann das Gerät auch als Tonfrequenz-Röhrenvoltmeter verwendet werden, beispielsweise bei Verstärkermessungen, zum Einstellen von Entzerrern u. a. m.
Ferner ermöglicht diese zusätzliche Spannungsverstärkerstufe den Betrieb des Aussteuerungsmessers in Verbindung mit Heimtonbandgeräten, die zwischen 50 und 500 mV zur Vollaussteuerung benötigen.
Soll die Empfindlichkeit des Aussteuerungsmessers noch höher sein, dann kann auch eine Stufe mit größerer Verstärkung, z. B. mit einer Röhre EF 86, eingebaut werden. In diesem Fall ist jedoch darauf zu achten, daß der Frequenzgang dieser Stufe eine engere Toleranz hat, als in den technischen Daten angegeben, weil sonst Anzeigefehler auftreten. Aus demselben Grund ist für den Nf-Übertrager Tr 1 der Typ ZST 479 der Firma Görler zu verwenden. Dieses Bauteil ist entscheidend für den Frequenzbereich des Gerätes. Natürlich können auch Übertragertypen mit gleich guten Eigenschaften eingebaut werden, sofern sie erhältlich sind.
Die am Ladekondensator C 1 entstandene Gleichspannung liegt in der Größenordnung von wenigen Volt. Zum Ablenken des Elektronenstrahls sind aber bei voller Schirmausnutzung an den Vertikalplatten rund 140 V, an den Horizontalplatten 280 V Gleichspannung notwendig. Überlegungen ergaben, daß 280V nur mit Leistungsröhren erreicht werden können, dagegen konnten zwei parallel geschaltete Systeme der Doppeltriode ECC 81 die für die Vertikalplatten erforderlichen 140 V gerade aufbringen.
Um also die gewünschte Ablenkung von links nach rechts bei geringem Röhrenaufwand zu erhalten, wurde die Strahlröhre DG 7-52 A kurzerhand um 90° verdreht eingebaut. Einzelheiten des Einbaues zeigt das folgende Bild.




Im Ruhezustand befindet sich der Elektronenstrahl in der Bildschirmmitte. Außerdem beträgt die Anodenspannung der Röhre ECC 81 etwa 120 V. Um den Strahl in Bildmitte zu halten (die Anode der ECC 81 ist mit der einen Ablenkplatte verbunden), muß zur Kompensation eine Gleichspannung an die andere Ablenkplatte gelegt werden. Diese Kompensationsspannung wird noch um etwa 60 V erhöht, dann liegt der Strahl am linken Rand des Bildschirmes durch Anlegen einer Wechselspannung an das andere Plattenpaar entsteht nun ein Leuchtstrich, der als Lichtzeiger dient.
Die Gitter der Röhre ECC 81 sind mit dem Kondensator C 1 verbunden. Im Ruhezustand liegt an diesem Kondensator und an den Gittern der Röhre ECC 81 die Spannung 0, es fließt der volle Anodenstrom. Beim Anlegen eines Eingangssignales lädt sich C 1 auf, die Spannung ist negativ, damit werden auch die Gitter der ECC 81 negativ, der Anodenstrom der Röhre sinkt, und am Außenwiderstand fällt weniger Spannung ab. Die Anodenspannung steigt, und der Lichtzeiger wandert nach rechts.
Infolge der Gleichspannungen an den Ablenkplatten treten Geometriefehler im Bild auf, der Lichtzeiger wird in den Randbereichen schräg. Dies spielt keine Rolle, weil dies beim Zeichnen der Skala berücksichtigt werden kann.
Ferner soll noch auf eine Erscheinung hingewiesen werden, die nicht völlig beseitigt werden konnte, aber auf die Funktion des Geräts keinen Einfluß ausübt und die Ablesegenauigkeit nicht beeinträchtigt. Bei größerer Helligkeit entstehen nämlich zwei Striche dicht nebeneinander auf dem Bildschirm. Nimmt man jedoch die Gleichspannungen von den Platten weg, dann bleibt nur ein Strich. Daraufhin wurden alle Steuerleitungen zur Strahlröhre DG 7-52 A und zur Doppeltriode ECC 81 abgeschirmt und die Siebmittel im Netzteil vergrößert, weil als Ursache eine Brummspannung vermutet wurde, die entweder aus dem Netzteil oder auf die Gitterleitungen zur ECC 81 einwirkte. Die Maßnahmen blieben jedoch ohne großen Erfolg. Die beiden Striche rückten lediglich den Bruchteil eines Millimeters näher zusammen. Da der eine der Striche dunkler ist, genügt das Zurückdrehen der Helligkeit, um ihn unsichtbar zu machen. Die dann verbleibende Helligkeit ist zur Beobachtung sogar noch aus größerer Entfernung ausreichend, sofern kein direktes Licht auf den Bildschirm fällt.

Das Netzgerät für die Elektronenstrahlröhre ist normal. An Stelle der üblichen Spannungsverdopplerschaltung wird jedoch ein Verdreifacher angewendet, damit auch mit einem kleinen und billigen Transformator die notwendige Betriebsspannung von rund 800 V erreicht wird. Es empfiehlt sich ,für die beiden 8µF-Kondensatoren MP-Ausführungen zu verwenden.
Die Schirmgitterspannung der Röhre EBF 80 ist zu stabilisieren. Dies übernimmt der Stabilisator STV 150/15. Ohne Änderung kann auch der STV 150/30 Verwendung finden. Dagegen braucht die Anodenspannung der ECC 81 nicht stabilisiert zu sein, obwohl dies zuerst befürchtet wurde. Im Versuch hat sich aber gezeigt, daß das Gerät nach einer Einbrennzeit von etwa 30 Minuten stabil arbeitet. Nach dieser Zeit kann es geeicht werden.

Inbetriebnahme und Eichung
Beim erstmaligen Einschalten sind die Betriebsspannungen an den Röhren zu messen und nötigenfalls auf den Sollwert einzustellen. Wenn die angegebenen Bauteile verwendet werden, stimmen die Spannungen. Die Messung dient nur zum Erkennen von Fehlern, für den Fall, daß ein Bauteil schadhaft ist.
Lediglich bei der Heizspannung für die Röhre DG 7-52 A ist etwas mehr Sorgfalt aufzuwenden. Die Heizspannung sollte möglichst konstant sein. Abweichungen von 5 bis 10 % sind zulässig.
Bei dem verwendeten Engel-Transformator zeigte es sich, daß bei genau 220V Netzspannung die Heizspannungen im Betrieb, also nicht im Leerlauf, 7 V betrugen. Um nun die teure Elektronenstrahlröhre zu schonen, wurde in deren Heizleitung ein Drahtwiderstand R 8 eingefügt dessen Abgriff so eingestellt wird, daß die Heizspannung im Betrieb 6,3V beträgt. Dies ist bei einer Netzspannung von 220 V einzuregeln, damit bei Netzschwankungen die Heizspannung innerhalb der Toleranzen bleibt.

Das Potentiometer R 7 dient zum Einstellen der Bildschärfe, R 6 zum Einstellen der Helligkeit. Mit dem Widerstand R 5 wird die Eichung des Gerätes bei 0 % eingestellt, und zwar durch Ändern der Kompensationsspannung für die Ablenkplatten. Hierzu ist der Betriebsartenschalter S 1 in die Stellung "Eichen 0 %" zu bringen. Widerstand R 4 dient zum Eichen bei 100 % Skalenausschlag. Hierbei wird S 1 entsprechend auf "Eichen 100 %" gestellt, und es wird eine Eichspannung auf den Eingang gegeben. Diese Eichspannung wird einer freien Heizwicklung entnommen und mit Hilfe des Widerstandes R 3 auf den Wert 1,55 V gebracht. Sie steht dann bei Bedarf immer zur Verfügung.
Die Widerstände R 4, R 5, R 6 und R 7 sind beim erstmaligen Einschalten auf ihren Mittelwert einzustellen, sonst könnte der Strahl so weit abgelenkt werden, daß er nicht mehr auf den Schirm fällt.
R 2 ist ein Entbrummer in Mittelstellung. Im weiteren Betrieb sind dann nur noch die Potentiometer R 4 und R 5 zum Eichen und vielleicht noch R 6 für die Helligkeit zu bedienen. Für alle Einstellwiderstände wurden aus Platzgründen Trimmpotentiometer mit Schraubenzieherschlitz verwendet.

Die Skaleneichung geschieht am besten so: man gibt eine Wechselspannung auf den Eingang, die gleichzeitig mit einem guten Wechselspannungsmesser gemessen wird. Zuerst werden, wie beschrieben, die Werte 0 % und 100 % (entsprechend 1,55 V) festgelegt. Anschließend sind die Zwischenwerte einzustellen und auf einem Papierstreifen zu markieren, der auf dem Röhrenschirm unverrückbar befestigt ist. Zum Schluß kann man dieses Papier von hinten auf Plexiglas kleben, das zwischen Frontwand und Bildschirm eingeschoben wird (vgl. Einbau-Skizze).
Beim Eichen sind stets erst 0 % und dann 100 % einzustellen, nicht umgekehrt, da der Widerstand R 5 (0 %) die Kompensationsspannung beeinflußt. Dadurch wird nämlich auch die 100 % - Marke verschoben. Dagegen beeinflußt der Widerstand R 4 die 0 % - Marke nicht.
Die dB-Skala erhält man durch Umrechnen der Spannungswerte mit Hilfe einer Dezibeltafel, dabei wird 1,55V = 0 dB gesetzt. Werte über 100 % könnten farbig markiert werden.
Vor jeder Eichung soll das Gerät mindestens 25 ... 30 min einbrennen.

Der mechanische Aufbau des Gerätes ist nicht kritisch. Zum Einbau wurde ein Gehäuse Nr. 4 mit Aluminium-Frontplatte der Fa. Zeissler verwendet. Die Röhre DG 7-52 A sitzt in dem zugehörigen Abschirmzylinder. Dieser und die Aluminiumfrontwand sind zur Abschirmung der Anzeigeröhre unbedingt notwendig. Die folgenden Fotos lassen weitere Einzelheiten des Aufbaues erkennen.




Verwendungshinweise
Die Parallelschaltung von Mikrofon- und Aussteuerungsmesser erfordert einen zusätzlichen Vorverstärker, denn eine Röhre EF 86 bringt die erforderliche Verstärkung nicht auf. Hier hilft nur eine Doppeltriode ECC 81 oder ECC 83 in Kaskadenschaltung.
Es sei hier noch erwähnt, daß die höchste Empfindlichkeit des Aussteuerungsmessers nach Bild 2 etwa 50 mV für 100 % beträgt (R 1 ganz aufgedreht).

Liste der Spezialteile Röhren: EBF 80, EC 92, ECC 81, STV 150/15, DG 7-52 A (Telefunken)
1 Abschirmzylinder, Mu-Metall, Lg.-Nr. 30 311 (Telefunken)
1 Fassung für DG 7-52 A, Lg.-Nr. 30 228 (Telefunken)
1 Fassung für STV 150/15 (Telefunken)
2 keramische Novalfassungen
1 keramische Miniaturfassung
2 Germaniumdioden OA 150 (Telefunken) (s. Text!)
1 Flachgleichrichter B 250 C 75 (Siemens)
3 Stabgleichrichter E 300 C 2 (AEG)
Tr1: Görler-Nf-Übertrager ZST 479
Tr 2: Engel-Netztransformator Typ N 50/1
Tr 3: Engel-Netztransformator Typ N 20/1
S 1: Vierpoliger Umschalter
S 2: Kippumschalter, zweipolig
Alle nicht besonders bezeichneten Widerstände haben eine Belastbarkeit von 0,5 W. Die hochbelastbaren Widerstände von 4 W wurden notwendig, da sich 2 W-Typen zu stark erwärmen, wodurch die Stabilität leidet.
Alle nicht näher bezeichneten Kondensatoren sind für 250 V Betriebsspannung zu bemessen. Alle Elektrolytkondensatoren sind Typen in freitragender Ausführung mit Anschlußdrähten.

Zurück zur Hauptseite